Wie in den meisten Metropolen, hat sich auch in Berlin ein Fashion-Stereotyp entwickelt. Den hat die Kulturhistorikerin und Lifestyle-Expertin Angelika Taschen zusammen mit der Journalistin Alexa van Heyden unter die Lupe genommen und eine Art Berliner Pendant zum Pariser Chic verfasst. Eine Pinkfarbene Stilbibel in Buchform. Als bekennende Berlin-Liebhaberin habe ich für Euch im „Berliner Stil“ geschmökert. Das Buch wurde uns netterweise zur Verfügung gestellt vom Verlag.

Berliner StilDas Buch will der erste Stilführer der Stadt Berlin sein

Der Berliner Stil will nicht einfach nur ein popeliger Reiseführer sein, NEIN! Das Bändchen will dem Stil-Bewusstsein “der Berlinerin” auf den Grund gehen. Was trägt sie und vor allem wie trägt sie es, wie richtet sie sich ein und wo geht sie essen?
Hier aber erstmal die größte, die bahnbrechende Weisheit für alle, die zur Berlinerin werden wollen – ein Zitat aus der Stilbibel:

Zitat (Der Berliner Stil) „Die goldene Regel: „Wenn too perfect, lieber Gott böse“ lautete der Wahlspruch des Videokünstlers Nam June Paik. Das Motto lässt sich 1:1 auch auf den Berliner Chic übertragen. Die Strumpfhose hat eine Laufmasche, der rote Nagellack blättert und die Schuhe könnten auch mal wieder geputzt werden? So ist es richtig!“

Aha, denke ich, während ich durch die grafisch hübsch gestalteten Seiten des „Berliner Stils“ blättere. Zu Recherchezwecken sitze ich – natürlich – in einem Berliner Cafe. Der Band ist Neon-Pink! Auf dem Cover? Eine lässig gestylte Angelika Taschen auf dem Weg, irgendwo hin. Die Berlinerinnen sind ja immer auf dem Weg irgendwo hin. Denn die Berlinerin hat keine Zeit, sie ist auf dem Sprung zum nächsten Meeting oder zum nächsten Bloggertreffen oder zum Get Together mit anderen Kreativen. Die Verlegerin und promovierte Kunsthistorikerin Angelika Taschen ist seit 2004 Wahlberlinerin und heiß verliebt in unsere Hauptstadt. Zusammen mit einer Modejournalistin, einer Grafikerin und einer Streetstyle-Fotografin bildet sie eine Art modisches Quadro Infernale.

To Dos zur wahren Berlinerin

In ihrer Stilbibel verraten sie neben den To Do’s um zu einer wahren Berlinerin zu werden, noch ihre liebsten Cafe’s, HotSpots und Hipster-Treffpunkte. Das große Fazit vorweg: So wie die Französin ein Hauch von Elegance umweht, der weltberühmte Pariser Chic, so zeichne sich die Berlinerin durch ihren Anti-Chic aus. Eine rotzige Lässigkeit also, die zwischen Armee-Parka, Jutebeutel und Vintage-Schmückstücken changiert. Der Blick in die Kaffeetrinkende Runde um mich herum zeigt – Lederjacken, Röhrenhosen, Vintage-Jäckchen – alles da! Berlin ist eben mehr als eine Stadt, Berlin ist ein Lebensgefühl und das transportiert die Damenwelt auch modisch, während sie durch Schöneberg, Friedrichshain oder Charlottenburg flaniert.

Prada, Gucci oder Chanel?

Mit dem Fall der Mauer, wurde Berlin zum Anziehungspunkt von Menschen aus der ganzen Welt, zu einer Art Schmelztiegel der verschiedensten Kulturen und das alles scheint fast so eine Art konservative Wirkung auf diesen kleinen urbanen Kosmos gehabt zu haben. Das schnörkellose Selbstbewusstsein, die Schnoddrigkeit liegen vielleicht auch in der wechselhaften Geschichte der Stadt. Man schätzt Vintage in Berlin, man liebt Retro, man schwört auf Patina und natürlich liebt man den Used-Look. Prada, Gucci oder Chanel kommen der modernen Berlinerin von Welt nicht in die Tüte. Denn der Berliner Stil ist bitte unbedingt: Logo-Frei. Man steht auf luxuriöse Materialien und lange Unterhosen. Ja, die Berlinerin ist auch praktisch veranlagt und gönnt sich auch mal die lange Unterhose.

Kurzer Check – ich habe keine lange Unterhose an, ich besitze nicht einmal eine lange Unterhose. Bin ich damit durchgefallen? Egal! Weiter im Band…

Zitat (Der Berliner Stil): „In Berlin wird immer irgendwo gebaut. Dieser Rohzustand überträgt sich auf die modischen Vorlieben der Einheimischen. Allzu perfekt und geschniegelt darf es nicht sein. Angeber sind peinlich! Warum? Berlin ist im Gegensatz zu Frankfurt oder London keine Finanz- sondern eine Kreativstadt. Künstler – seien es Maler, Musiker oder Designer – haben mal mehr, mal weniger in der Haushaltskasse.“

Arm, aber Sexy – so wie einst Berlins regierender Bürgermeister Wowi so schön formulierte, gilt nicht nur für Berlin, sondern auch für den modischen Stil. Persönlichkeit ist sowieso das liebste Accessoire der Berlinerin. Die Hauptstadtfrau ist authentisch, experimentierfreudig und lässig. Berlin ist der neue Hot Spot Europas für junge Künstler, Musiker und Designer. Kleine Labels schießen im Minutentakt aus dem Boden, Kunst und Kultur sind fast schon Alltagsgeschäft – geht nicht, gibt’s nicht in Berlin. Das zeigt die Stadt auch in ihrem Modestil.

Ich durchforste in Gedanken meinen eigenen Kleiderschrank auf der Suche nach den im Buch aufgezählten Top 10 der Berliner Must-Haves:
Herrenhemd, Parka, Boyfriend-Jeans, der unabdingbare Strickpulli oder Sneaker. Unbedingt Sneaker! Vintage-Accessoires brauche ich auch um Berliner Anti-Chic zu sein. No-Go‘s sind laut den selbsternannten Berliner Stilexpertinnen: Gefälschte Handtaschen – die sind Pfui! Habe ich nicht! Perlenschmuck und Polo-Shirt? Zu High-Society! Findet sich beides sowieso nicht bei mir – Glück gehabt!

Das Modische, das Glamouröse ist nicht das Ideal des Berliner Stils. Wer aber die Berliner jetzt für schlampig hält, der versteht ihren ganz eigenen Stil nicht richtig. Die Berlinerin legt genauso viel Wert auf ihren Look, wie die elegante Französin, der Unterschied ist nur, dass die Berlinerin nicht will, dass man genau das auch bemerkt. Das Nachlässige ist eine bewusste Inszenierung. In Modisch gesprochen heißt das – Stil-Brüche und Anti-Chic. Wenn Sie also gerne mal eine Lederjacke zum Abendkleid kombinieren, zur Jeans Ballerinas tragen und den Jutebeutel zu ihrer Handtasche der Wahl auserkoren haben – dann dürfen Sie zumindest in Sachen Stil von sich selbst sagen: Ich bin ein Berliner!

Alles liebe, wa? Eure Petra!

 

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