In Namibia kann man zwischen Sossusvlei und Etosha-Nationalpark umherfahren, in Windhuk das Museum besuchen und nach Swakopmund fahren, um Robben zu sehen. Aber man kann sich auch einfach für einen Aufenthalt mitten in der Natur entscheiden. Wir haben uns gegen jede Safari und für einen Aufenthalt auf einer Farm entschieden. Gross Okandjou heißt uns willkommen.

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Home Sweet Home, denke ich mir, und lasse den Rucksack auf der Veranda unseres Gästehauses fallen. Es ist der Beginn der Regenzeit. Morgens ist es heiß, die Luft flirrt und die Sonne brennt erbarmungslos. Mittags ziehen dunkelgraue Wolken rasant am Himmel auf. Es blitzt, donnert und schüttet für einige Stunden. Dann erwacht die Natur und damit meine ich ALLES. Auch Insekten, Frösche und Schlangen. Ich darf nicht weiter darüber nachdenken, was alles um uns herum durch den Busch kriecht und beschließe, dass ich in den kommenden zwei Wochen das Farmgirl in mir entdecken werde.

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Natur pur in Namibia

Und wo kann man die Natur bitte besser erleben, als irgendwo in der Einsamkeit der namibischen Steppe? Ich hole tief Luft, ignoriere die riesige Heuschrecke auf der Veranda und kuschle mich zusammen mit dem Mann in die rustikalen Stühle. Wir sehen uns an. Wir sind in Namibia. Auf einer Ranch. Irgendwo im Nirgendwo. Wir hören die Kühe muhen und lauschen den knatternden und zwitschernden Vögeln, den zirpenden Insekten, den brummenden Fliegen, den knisternden Halmen und den kreischenden Papageien. Zwischendurch besuchen Paviane, Oryx und andere Tierarten die Wasserstellen der Farm. Alles festgehalten mit der Wildtierkamera der Farmbesitzer.

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Sie waren so nett und haben mir Fotos von der Wildlife-Cam für Hollightly zur Verfügung gestellt. Mit den Wildtier-Kameras behält die Familie im Blick, welche tierischen Artgenossen sich wann und wo auf dem Farmgelände herumtreiben. Um zu prüfen, ob sich die namibische Natur im Gleichgewicht befindet.

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Oryx statt Elefant?

Wir brauchen keine Elefanten und Löwen und Nashörner, wir sehen auf der Farm Antilopen und Affen in der wilden und freien Natur. Das ist so viel spektakulärer, als sich diesen Anblick mit einer Touristengruppe zu teilen. Die drei starren uns an, während wir sie anstarren, dann schlendern sie langsam weiter. Wir wirken wohl nicht besonders gefährlich. Denn sie lassen sich von uns nicht aus der Ruhe bringen.

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Meist regnet es zwischen Januar und April. Auf Gross Okandjou braucht man das Grundwasser. Die Farm ist ein in sich ausgeklügeltes System. Das Wasser stammt aus unterirdischen Quellen, die mittels solarbetriebener Pumpen angezapft werden. Überhaupt wird der komplette Strom von Solaranlagen erzeugt. Das ermöglicht schicke Annehmlichkeiten wie Licht oder W-Lan. Gott sei Dank, denke ich mir! Nachhaltig hin oder her, aber ohne Internet wäre das Leben schon karg. Es gibt aber auch einen stromfreien Outdoor-Kühlschrank – gebaut nach altem nambischen System.

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Für das Großstadtleben wäre er vielleicht nicht ganz geeignet, aber hier in Namibia war er früher der ideale biologisch durchdachte Kühlschrank. Zwischen den gemauerten Steinen ist Kohle eingelagert. Sobald die Kohle gewässert wird, sorgt die Verdunstung für Kälte. Einfach, aber genial. Außerdem hat die Farm ein biologisch einwandfreies Wachsystem.

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Gut, man muss es füttern und Wasser braucht es auch. Aber es läuft 24 Stunden akkurat ohne Strom oder Akku…Ich habs mal zu Dokumentationszwecken mit dem iPhone gefilmt:

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Safari mit einer Pferdestärke

Gross Okandjou ist die erste Ranch, die Westernreiten und das sogenannte Horsemanship (das ist Cowboysprache für artgerechte Pferd-Mensch-Kommunikation mit ganz viel Körpersprache) nach Namibia gebracht hat. Vor über 20 Jahren sind Immo und Heike Vogel zusammen mit ihrer Tochter Alina nach Namibia gekommen, haben ihr Herz an das Land verloren und anschließend aus Gross Okandjou eine nachhaltige Farm mit Hotelbetrieb gemacht. Irgendwann kamen dann die Pferde dazu.

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Ein Ausritt in aller Stille und Gelassenheit in der namibischen Natur ist so viel aufregender als jede Jeepsafari. Durch die Stille der langsam laufenden Pferde, kommen wir den Tieren hier viel näher als mit jedem Jeep. In Namibia spielt pferdegerechter Umgang normalerweise keine Rolle. Es sind Arbeitstiere, die funktionieren müssen. Der Umgang ist oft entsprechend rabiat. So schrecklich das im ersten Moment klingt, wundert es nicht wirklich. Wenn der Alltag daraus besteht, genug Essen auf den Teller zu bekommen, fehlt natürlich die Zeit, um sich mit dem Seelenleben der Nutztiere zu beschäftigen. Umso schöner, dass es Menschen wie auf Gross Okandjou gibt, die einen neuen Geist nach Namibia bringen wollen. Safari auf dem Pferderücken inklusive. Aber artgerecht und nicht im brutalen Tourismusdauerbetrieb.

Namibia erdet 

Das Leben fließt dahin und gleichzeitig gibt es immer etwas zu tun. Wir streichen ein Gästehaus, erleben die Geburt von drei Kälbchen. Erleben aber leider auch wie ein Kälbchen und seine Mutter sterben. Auch das gehört dazu. Das Farmleben ist hart aber natürlich. Ich als bekennende Vegetarierin, die kein Tier leiden sehen kann, tröste mich damit, dass die Tiere ein glückliches Leben hatten.

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Sehr viel glücklicher als die meisten Kühe in Europa. Wir checken den Regenstand an den Trinkstellen und sehen bei unseren Touren durch den namibischen Busch Tausendfüssler und riesige Spinnen *kreisch*. Wir pflücken Zecken *kreisch* von Pferdeohren, untersuchen Trinkstellen nach Schlangen *nochmal kreisch* und werden von überdimensionalen Käfern umschwirrt *Gewöhnungsphase tritt langsam ein*, während wir den Sonnenuntergang von der Veranda aus betrachten.

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Das Licht in Namibia ist einzigartig und die Natur beeindruckend schön. Menschen und Tiere bewegen sich mit einer entschleunigten Geschwindigkeit, an die ich mich gewöhnen könnte. Ich liebe dieses Fleckchen und packe nach zwei Wochen Farmleben nur ungerne wieder meinen Rucksack. Aber das nächste Ziel ruft. Reisen, heißt unterwegs sein, denke ich mir, und stemme den Rucksack auf meine Schultern, während ich ein letztes Mal meinen Blick über die schillernde Natur Nambias streifen lasse. Ich bin ein bisschen pathetisch, okay, ich weiß – aber dieses Land verdient eine Prise Pathos. Weil es eigentlich nicht die passenden Worte gibt, um die raue Schönheit Nambias wirklich perfekt zu beschreiben.

Zusammengefasst: Der perfekte Tag in… Namibia:

Morgens: Einen Kaffee mit Blick in die endlose Weite der kargen Natur trinken, den Geräuschen der Natur lauschen

Mittags: Abhängen und in den Himmel gucken. Dann nach Omaruru fahren, bei den Künstlern dort vor Ort vorbeischauen und nach wunderschöner handgemachter afrikanischer Kunst stöbern

Nachmittags: Auf dem Pferderücken die Antilopen entdecken

Abends: Bei einem spektakulären Sonnenuntergang und einem Sundowner den Tag Revue passieren lassen und über das Leben philosophieren

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Unser Namibia in Bildern

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4 Meinungen zu “Der perfekte Tag in… Namibia! Das Land mit anderen Augen sehen

  1. Judith sagt:

    Mit einem heißen Ingwer-Zitronentee (es ist sooooooo kalt hier….!) sitze ich gerade vor dem Laptop und freue mich so sehr über deine Worte….
    Es ist toll ein Land mit anderen Augen zu betrachten und auch einmal hinter alles zu schauen….und es klingt so, als ob Namibia wirklich eine Reise wert ist…..

    Passt weiterhin gut auf Euch auf und ich freue mich jetzt schon wieder auf den nächsten Artikel 🙂
    Eine liebe Umarmung aus dem momentan sehr tristen Deutschland.
    :***

    PS: Aus Erfahrung kann ich Dir versichern, dass man diese ganzen Krabbeltiere irgendwann ertragen kann 😉

    • Petra sagt:

      Oh, Armes! Wir überlegen gerade ob wir einen Iced Tea oder lieber Iced Coffee wollen… 🙂 Aber ich trinke ein Schlückchen für Dich mit und hänge meine Nase für Dich in die Sonne. Hab ich schon gesagt, dass ich heute morgen einen Ausritt zwischen den Weinbergen gemacht habe? …oder ist das zu gemein 😉 Drück Dich ganz arg Süße
      P.S.: Das ist beruhigend, ich finde sie nämlich so *kreisch*

  2. Vanessa sagt:

    Liebe Petra

    Dein Blog ist sehr inspirierend. Ich finde es toll, dass Du über tierfreundliches und grünes Reisen schreibst!

    Wir gehen dieses Jahr nach Namibia und nun würde ich gerne eine tierfreundliche Delfinfahrt organisieren. Kennst Du einen tierfreundlichen Anbieter, der die Tiere nicht mit dem Boot hetzt?

    Alles Liebe

    • Petra sagt:

      Liebe Vanessa, danke dir – das freut mich sehr. Leider kann ich dir mit deiner Frage gar nicht weiterhelfen, weil wir so etwas nicht gemacht haben. Ich glaube, dass man sich die Beschreibungen einfach sehr gut ansehen muss und dann schon eine Richtung herauslesen kann. Meist ist es auch so, dass je billiger, desto tierunfreundlicher. Aber die Faustregel gilt nicht immer. Alles Liebe auch an dich und eine schöne Zeit in Namibia, Petra

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