IdeeZu große Arbeitsdichte? Eklatanter Fachkräftemangel in Deutschland? Wir werden viel zu alt und streichen deshalb zu lange zu viel Rente ein?

Mag ja momentan so sein – aber das muss nicht so bleiben. Wir haben des Rätsels Lösung vielleicht sogar die ganze Zeit schon vor Augen! Glaubt der Wirtschaftspsychologe Guido Hertel, der die psychische Verfassung von Arbeitsnehmern zwischen 15 und 67 untersucht hat. Ich habe mich mit ihm über seine Studie unterhalten und finde spannend, was er zu sagen hat.

 

Das Klischee vom arbeitsmüden Rentner

Ziel der Studie: Herausfinden, ob am Klischee vom arbeitsmüden Rentner tatsächlich was dran ist und was das alles für die Arbeitswelt und ihre Gestaltung bedeuten könnte. Guido Hertel hat knapp 40.000 Datensätze ausgewertet. Interviews – sowohl schriftlich als auch persönlich. In den unterschiedlichsten Betrieben: Vom Verwaltungstrakt und Wirtschaftsunternehmen, bis zum Klinikpersonal. Grundfragen: Was ist der befragten Person wichtig bei der Arbeit? Kernfragen: Welche Persönlichkeitsstruktur besitzt die befragte Person – gehört man zu der harmoniesüchtigen Fraktion oder doch eher zu den Machtorientierten? Fragebögen, die den Stresslevel abgefragt haben. Die Befragten konnten dann Sätze wie „Es fällt mir schwer, nach der Arbeit abzuschalten“ oder „Ich muss auch zu Hause an Schwierigkeiten bei der Arbeit denken.“ mit einer Skala von 1 bis 5 bewerten. Untermauert vom Tagebuch-Verfahren, um die psychologische Arbeitsalltagsstimmung besser einschätzen zu können.

Also zusammengefasst kann man sagen: Die Teilnehmer, mussten sich jeden Abend hinsetzen und ihre täglichen Alltagsgedanken aufschreiben. Wie war der Arbeitstag? Was ist heute gut gelaufen? Was ist schlecht gelaufen? Habe ich mich geärgert? Und wenn ja – über meine Kollegen oder über eigene Fehler? Über 6 Jahre hat er an den ganzen Datensätzen geforscht. Und das Ergebnis seiner Studie widerlegt einige Stereotype. Die älteren Arbeitnehmer sind besser als ihr Ruf, sagt der Wirtschaftspsychologe und ist damit dem Klischee vom arbeitsmüden und gelangweilten Rentenanwärter an den Kragen gegangen. Weder die kognitive Leistungsfähigkeit, noch die Motivation sinken bei den älteren Semestern. Im Gegenteil – sie sind oft gelassener, flexibler, weniger karriereorientiert als jüngere Kollegen.

Bleibendes schaffen und anderen helfen

Das sogenannte Generativitätsmotiv ist größer, also das Interesse daran, anderen zu helfen, etwas Bleibendes zu schaffen und eigene Erfahrungen weiterzugeben. Sie haben nach all den Lebensjahren eben in aller Regel mehr „Standing“, wie man so schön sagt und sind deswegen in einem größeren Einklang mit sich und der Arbeit. Das sei ein großes Potential, sagt der Forscher, das wir momentan verkümmern lassen.

Das Fazit des Forsches: Schön blöd, wenn wir bei unserem aktuellen Lebens-Modell mit den drei klassischen Phasen: „Lernen, Arbeiten, Ruhestand“ bleiben, anstatt in neuen Wegen zu denken. Wenn all die Rentner, die momentan mit spätestens 67 in den Ruhestand verschwinden, länger arbeiten würden – immer vorausgesetzt, dass sie auch wollen und gesundheitlich können – dann hätten wir mehr Fachkräfte, die auch noch ihre ganz eigene Motivation mit einbringen – nämlich den Wunsch nach einer sinnfüllenden Tätigkeit, der laut der Studie im Alter zunimmt. Mal ganz abgesehen davon, dass auch der vielbesungene demographische Wandel geradezu nach flexibleren Arbeitszeitmodellen schreit. Wir brauchen eine altersdifferenzierte Personalarbeit in Unternehmen, fordert der Wirtschaftspsychologe als ein Fazit aus seiner Studie. Außerdem müssten Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, ihr Arbeitsleben zu unterbrechen, zum Beispiel für eine Elternzeit – oder ein Sabbatical – um dann zum Beispiel später einfach ein bisschen länger zu arbeiten und die Arbeits-Pause nach dem 67. Lebensjahr wieder aufzuholen! So könnte sich der Wirtschaftspsychologe das Arbeitsleben der Zukunft unter anderem vorstellen.

Wie das im Einzelnen praktisch ablaufen soll – da hat der Wirtschaftspsychologe Guido Hertel keine Lösung. Da sind dann doch Industrie, Gesellschaft und Politik gefragt. Aber zumindest will er eine Diskussion anstoßen mit der Studie! Ein Plädoyer für eine Gesellschaft, die offener werden muss für neue und zeitgemäße Arbeitsmodelle für jede Altersklasse. Das finde ich toll toll toll! Hollightly GlücksbringerIrgendwie sind doch unter den jungen Arbeitnehmern immer mehr Menschen, die Lust auf mehr Flexibilität und Veränderung haben, warum fangen wir nicht an unsere Arbeitswelt ein bisschen neuer zu denken, damit das Leben wieder einen größeren Standpunkt einnimmt und die ganze Kohle ein bisschen in den Hintergrund tritt. Wie schön wäre das, wenn wir alle ein bisschen freier sein könnten, ein bisschen flexibler und achtsamer. Jaja, das klingt jetzt sehr esoterisch, aber Glück, Zufriedenheit, nachhaltiger Umgang mit uns, unserer Welt und unserem Leben, weniger Jugendwahn, ist doch gar kein so abge-space-ter Vorschlag an die Gesellschaft.

 

Alles Liebe,

Eure nachhaltig nachdenkliche Petra

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