Hollightly GlücksbringerEine Freiburger Modedesignerin ruft die Heimatliebe zum neuen Trendobjekt aus. Diese Woche startet eine Ausstellung zusammen mit dem Berliner Fotografen Florian Richter. Er liefert die Fotos aus dem Schwarzwald, sie druckt sie auf ihre Kleider. Aber später mehr dazu. Erstmal zu der genialen Designerin, die ich gestern in Freiburg besucht habe.

Kim Schimpfle – Schwarzwaldcouture

Schwarzwald couture Dirndl aus Freiburg
Sexy Schwarzwald-Dirndl (Foto: Schwarzwald-Couture)

Kim Schimpfle macht mit ihrem Label „Schwarzwaldcouture“ Trachten mit Heimatcharme, aber jung und frisch inszeniert. Sie hat Kunden weltweit – von New York bis Berlin – besonders gefragt ist die Schwarzwälder Tracht auf dem Münchner Oktoberfest, da trägt man jetzt „Black Forrest“ statt bayerischem Dirndl. Schwarzwald goes Couture! Kirschtorte und Bollenhut, Kuckucksuhr und Schwarzwaldpanorama. Kim Schimpfle macht „Heimat To Go“. Tradition trifft bei der Modedesignerin auf Avantgarde.  Sie spielt genüsslich mit den traditionellen Schwarzwaldsymbolen. Garniert die traditionelle Trachtenmode mit Bollenhut-Brosche, Kuckucksuhr-Knöpfen und Kirschtorten-Gamasche. Und pflückt die roten Bollen vom Schwarzwaldmädel-Hut und packt sie auf einen grünen Samt-Haarreif. Kleine zarte Bollengebinde für die Großstadtpflanze mit Hang zur Schwarzwaldtradition. Die Hüte erinnern mehr an das, was die Damenwelt in Ascott oder Iffezheim beim Pferderennen trägt als an den guten alten Bollenhut. Klein, fein, überraschend und mit einem bisschen Bolle an der Hutkrempe. Eine Art Schwarzwald-Zitat! Außerdem näht sie alles selbst in ihrem Studio, das gleichzeitig der Laden ist. Was sie nicht mit ihren eigenen Händen gestaltet gibt sie innerhalb von Deutschland an Näherinnen und Stickerinnen und Textilunternehmen raus, bei denen sie darauf vertrauen kann, dass sie an nachhaltiger Produktion, guter Qualität und fairen Löhnen interessiert sind. Darauf legt sie Wert, erzählt sie mir, während wir von Bollenhut zu Bollenhut wandern.

Vor 6 Jahren hat es angefangen – da wurde aus der jungen Modedesignerin Kim Schimpfle, die Vivianne Westwood, der Trachtenwelt. Die Tracht wird mit Hirschmotiv und Kuckucksuhr-Emblem auf den neuesten Stand gebracht.  Und der Schwarzwald passt bei ihr auf  ein Dirndl.  Jeden Nachmittag arbeitet sie in ihrem kleinen  Laden, der gleichzeitig Atelier und Nähstudio ist. Die Designerin selbst trägt ein von ihr entworfenes Tuch lässig um die schmalen Schultern geschlungen. Die Augen blitzen unter dem kurzen Pixie-Schnitt, während sie begeistert von ihrer Mode erzählt.  Ihr aktuelles Projekt: Sie druckt Fotos des Berliner Fotografen Florian Richter auf ihre Trachtenkleider. Was sie aus der traditionellen Schwarzwälder Tracht macht ist für Traditionalisten fast schon Provokation. Der Schwarzwälder liebt seine Dirndl genau so wie sie sind – aber bitte exakt so und kein bisschen anders. Puffärmelchen an der Trachtenbluse oder feinste Spitze am Trachtenkleid sind dem Traditionalisten und konservativen Trachtenliebhaber ein Sakrileg. Aber genau diese kleinen Details, die winzigen Provokationen und der Stilbruch machen die Mode von Schimpfle so charmant. Sie zerpflückt und zerlegt in ihrer Kollektion die Heimtsymbolik und wischt jeglichen alten Staub der Heimattümelei ab.

Schwarzwald-Couture in Freiburg
Der Laden von Kim in Freiburg (Foto: Hollightly)

Nichts an den Designtrachten, die Schimpfle in ihrem Laden von Hand herstellt ist spießig. Der unverzichtbare Heimatkitsch, der auch bei ihr nicht fehlen darf, kommt mit einem Augenzwinkern und einer witzigen Leichtigkeit daher. Dabei orientiert sie sich immer an den alten Traditionen. Wälzt Bücher über Tracht und Tradition, besucht Museen und lässt sich von der Flora und Fauna des Schwarzwaldes inspirieren.

What the Fuck is Heimat?“ fragt der wohl berühmteste unter den jungen Schwarzwaldrevoluzzern und Kuckucksuhr-Künstler Stefan Strumbel in seinen Ausstellungen – Heimat ist Emotion und Zugehörigkeit, antwortet die Modedesignerin Kim Schimpfle und presst sie mit Digitaler Printtechnik für ihre Kollektion den Schwarzwald auf ihre Trachtenkleider.  Auf dem Oberteil taucht der Bollenhut auf – getragen von einem echten Schwarzwaldmädel – ein Postkartenmotiv von anno dazumal, dass die Modedesignern auf Stoff druckt und anschließend zu einem Mieder verarbeitet.

Schwarzwald muss tragbar bleiben!

Bei allem ist für sie klar – der Schwarzwald muss tragbar bleiben. Die Schwarzwaldcouture ist nicht reserviert für das Oktoberfest oder andere Trachtenparties. Mit ihren Kleidern kann Frau sich auch mal auf der Straße sehen lassen, muss sich nicht verschämt unter dem Mantel verstecken. Darum geht es ihr vor allem. Das besondere Trachten-Gefühl. Die pure Weiblichkeit, die das Dirndl seiner Trägerin verleiht.

Petra im Interview mit Kim Schimpfle

Couture aus dem Schwarzwald
Kim Schimpfle (Foto: Schwarzwald-Couture)

Diese Woche habe ich Kim Schimpfle in ihrem kleinen gemütlichen Atelier besucht und mit ihr über ihre Mode und die Designtrachten ihrer Kollektion gesprochen:

 

Petra von Hollightly: Der Schwarzwald auf ein Dirndl gepresst – wie seid ihr auf diese geniale Idee gekommen?

Kim: Die Vorgeschichte war so. Der Florian Richter hat eine Ausstellung gemacht und dann hat er mir davon einen Katalog geschickt. Ich hatte die Fotos von ihm gesehen und fand die Fotos so gut, weil sie meinem Stil so sehr entsprechen. Ich hatte ohnehin gerade die Möglichkeit von einer Firma hier in der Nähe, Fotos auf Stoff zu Printen und dachte: komm lass es uns doch mal probieren.

Petra von Hollightly: Wie ging es dann weiter?

Kim: Das erste Modell, das hängt hier drüben. Also es ist dunkelgrün bis schwarz und man sieht eigentlich nur grüne Tannen drauf. Das Foto ist hier drüben (läuft rüber zu einem Wald-Foto, das an der Wand hängt) im Original. Es ist so – also die Stimmungen vom Schwarzwald sind meistens so ein bisschen düster und ein bisschen nebelig manchmal. Und da auf dem Foto ist Sonnenschein,.der auf die Tannenspitzen drauf scheint. Die erscheinen in einem Hellgrün und das andere ist dunkelgrün, braun und schwarz,..

Schwarzwald Dirndl
Schwarzwald-Dirndl (Foto: Schwarzwald-Couture)

Petra von Hollightly:  War das schwierig für Dich aus den Bildern die Kleider entstehen zu lassen, man muss die Stoffe ja fröhlich zerschneiden, um daraus nähen zu können?

Kim: Das war schon ganz neu. Weil ich mir dann überlegen musste, schnitt-technisch, wie groß musst das sein? Wie kriege ich das hin, das die Tannen gut zur Geltung kommen und nicht zerschnitten werden…

Dann haben wir noch Tücher gemacht und wieder Fotos genommen, weil die so superschön sind. Ich habe jetzt zum Beispiel das Matterhorn an. (Anmerkung der Redaktion: Sie hat ein zartblaues Tuch um ihre Schultern geschlungen mit Bergmotiv) Ist jetzt nicht der Schwarzwald, aber auch schön. (lacht) Aber wir haben auch Hirschen, wir haben Schwarzwaldmädels, Wir haben ein Maria-Motiv, wir haben auch den Schwarzwald im Winter draufdrucken lassen. Und dann haben wir gesagt, das Thema „Foto trifft Kleid“ ist jetzt so brisant, lass uns eine Ausstellung zusammen machen. Das muss jetzt weitergehen!

Petra von Hollightly: Die läuft jetzt in einem kleinen, aber feinen Freiburger Blumenladen – wie reagieren denn die Kunden auf die Schwarzwald-Dirndl?

Waldmotiv
Wald-Druck auf Dirndl (Foto: Schwarzwald-Couture)

Kim: Das schöne ist, wenn sie ein Foto vom Schwarzwald drauf haben, dann haben sie auch etwas zu erzählen. Hier, da komme ich her, das ist dort fotografiert worden, wo ich lebe. Das ist ja eine ganz andere Geschichte als wenn sie sagen, das Dirndl habe ich irgendwo gekauft. Das hat keine Emotionen. Das ist doch das Wichtige, dass man Bezug zu etwas hat, was man da trägt. Ich trage etwas von meiner Heimat und es ist auch so gestaltet, dass man es anziehen kann und da bin ich stolz darauf.

Petra von Hollightly: Sag mal, wie läuft das denn bei Dir – machst Du alles in Handarbeit oder lässt Du schneidern?

Kim: Das schöne ist, dass der Kunde zu mir kommen kann und sich das individuell zusammenstellen kann. Er möchte den Ausschnitt so oder so, mit Unterrock oder eher was schmal Geschnittenes – ganz unterschiedlich. Dann überlegt man sich was zusammen und dann entsteht jedes Dirndl individuell. Dann nähe ich auf dem kleinen Tisch hier in meinem Laden – alles handgemacht, ja!

Kim Schimpfle Brautkleid
Schwarzwald Couture Brautkleid (Foto: Schwarzwald-Couture)

Petra von Hollightly: Wie kam das, dass Du Dich so auf die Tracht spezialisiert hast?

Kim: Ich hab immer nach etwas gesucht, weil meine Kreativität sehr weit gefächert ist und ich musste mir überlegen, was mache ich jetzt. Wo ich mich wiederfinde, etwas was ich gerne mache. Weibliche Schnitte! Und wo ich eine Nische finde. Es gibt heute so viele Modedesigner, man muss schon gucken, dass man etwas macht, das etwas Besonderes ist und das Handwerk war mir auch wichtig, das dann vielleicht auch noch gezeigt werden kann.

Petra von Hollightly: Was bedeutet Heimat für Dich?

Kim: Also Heimat ist, dass man sich damit identifiziert, wo man herkommt. Jetzt mache ich etwas, was mich so dermaßen mit meiner Heimat verbindet, dass man auch…man kriegt so ein starkes emotionales Gefühl zu hier. Also ich mochte die Natur und alles was hier ist schon immer total gerne, aber jetzt ist es auch so, dass mit dem was ich herstelle, Emotionen kommen. Kunden kommen zu mir, erzählen Geschichten von früher. was sie als Kind getragen haben, was die Mutter getragen hat und so weiter. Man spricht darüber was man macht. Das heißt, man wird auch zu einer Botschafterin des Schwarzwaldes.

Petra von Hollightly: Was ist Deine Botschaft?

Kim: Dass der Schwarzwald auch kann (lacht)! Der Schwarzwald kann auch Trachten und wir können stolz darauf sein, dass wir von hier kommen und in einer so wunderschönen Gegend wohnen.

Petra von Hollightly: Danke für den Tratsch und viel Erfolg für die Schwarzwaldcouture!

6 Meinungen zu “„Black Forrest ist Calling“ – Schwarzwald goes Dirndl-Couture

  1. Peter Fischer sagt:

    Hallo,ich wollte für meine Frau ein Dirndl kaufen und bin am Mittwoch in Freiburg .jetzt meine Frage ist Ihr Laden am Mittwoch offen und wo befindet er sich in Freiburg ( Strasse )vielen Dank für Ihre Rück-Mail mit freundlichen Grüßen Peter Fischer

    • Holly sagt:

      Hallo Herr Fischer, aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, mit einem Dirndl von Kim werden Sie ihre Frau glücklich machen – sie sind so hübsch! Leider ist es nicht mein Laden, auch wenn ich nichts dagegen hätte 😉 Aber Kim Schimpfle (die Designerin) wird Sie sicherlich sehr gut beraten in ihrem Laden.
      Die Adresse:
      Schwarzwaldcouture
      Hildastraße 62
      Freiburg – Öffnungszeiten Mittwochs: 11 – 13:00 und 14:00 – 18:30 Uhr

      Viel Vergnügen mit den Dirndln und ich bin gespannt, ob es ihrer Frau gefallen hat. Alles Liebe, Holly

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