Zum ersten Mal habe ich Isabell de Hillerin beim ersten Berlin Showroom 2013 (hier der Reisebericht) bei der Paris Fashion Week kennengelernt. Dort hatten die Ex-Münchnerin Isabell de Hillerin (das muss an dieser Stelle erwähnt werden, wir sind beide aus Bayern, sozusagen Ex-Landsfrauen) und ich uns das erste Mal live getroffen. Wir hatten uns zu einem Gespräch über Faire Mode und ihr Engagement für die rumänische Stickereikunst verabredet.
Nachdem ich mich durch ihre mitgebrachte Kleiderauswahl gewühlt hatte (am liebsten hätte ich alles eingepackt und mitgenommen), haben wir über ihr Label gesprochen. Isabell de Hillerin verpflichtet für ihre Mode rumänische und moldawische Frauen. Stoffe und Stickereien werden dort in den Dörfern nach alter Tradition hergestellt. Sie hilft so das alte Handwerk zu bewahren. Im Interview hat sie mir erzählt, warum sie mit den traditionellen Stickereien arbeitet und wie die Frauen auf die Modernisierung ihrer traditionellen Stickereien und Stoffe reagieren. Man könnte ja denken, dass traditionsbewusste Ladies der älteren Generation entsetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn plötzlich hippe Berliner Mode Jäckchen aus ihrem Handwerk werden…
Überhaupt war das eine richtig nette Plauderei. Isabell de Hillerin ist, neben der Tatsache, dass sie lässige Klamotten entwirft, auch noch sympathisch.
Hier gibts noch ein Video – meinen ersten Beitrag als Videojournalistin. Ich durfte Isabell auf der Mercedes Benz Fashion Week 2014 für die ARD behind the Scenes begleiten – yeay!
[gdlr_video url=“https://www.youtube.com/watch?v=Qqejjh62plw“ ]Isabell de Hillerin im Interview über Fair Fashion, Grüne Mode und die rumänische Stickereikultur:
Petra von Hollightly: Deine Mode hat etwas sehr spezielles. Du verbindest alte Stickereikunst mit modernen Schnitten. Wie bist Du auf die Idee gekommen mit rumänischen und moldawischen Frauen zusammenzuarbeiten?
Isabell: Ich bin zwar in München geboren und aufgewachsen, aber ich habe meine Wurzeln in Rumänien und es war schon immer so, dass ich die ganzen Stoffe in meiner Kindheit gesehen hatte, bei meiner Tante in Bukarest und ich fand sie immer wunderschön. Ich wollte es dann bei meiner Studienabschlusskollektion mit reinbringen und ich dachte mir: Super, da fahre ich nach Bukarest und kaufe die Stoffe einfach auf den Märkten. Als ich dann dort war und nichts gefunden hatte, dachte ich, wie kann das sein, wieso wird das nicht mehr gemacht und nicht mehr gekauft? Ich habe dann viel recherchiert, mit Museen zusammengearbeitet und habe nach Menschen gesucht, die das Stickerei und Stoff-Handwerk noch beherrschen und ausführen. Da gab es nur noch ganz wenige und je mehr ich erfahren habe, dass es am Aussterben ist, desto wichtiger war es mir, zu sagen: Hey, ich will das unterstützen und dafür sorgen, dass es nicht verloren geht und es in meine Kollektion mit einbringen.
Petra von Hollightly: Das macht Dein Label zu etwas Besonderem finde ich. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es gar nicht so einfach ist, die traditionellen Stoffe und Muster in eine moderne Form zu bringen?
Isabell: Ja, aber das ist das, was ich versuche zu machen. Dieses traditionelle mit dem Modernen zu verbinden und das alles auf eine neue Ebene zu bringen. Es eben nicht folkloristisch zu machen, sondern die Techniken und Muster, die die Frauen haben aufzunehmen und es modern zu interpretieren.
Petra von Hollightly: Modern heißt natürlich auch: Anders als man traditionell in Rumänien oder Moldawien schneidern würde. Wie finden die Frauen Deine Mode?
Isabell: Super! Wirklich gut. Also in Rumänien fing das an und habe einen Roadtrip gemacht und bin von Dorf zu Dorf gefahren und habe versucht Frauen zu finden, die das machen und bin herumgereist und habe mich mit ganz vielen Frauen unterhalten und die Reaktion war eigentlich immer „Wow, jemand aus dem Ausland, aus Deutschland findet das so toll und will damit arbeiten“, das fanden die ganz großartig und finden das sehr spannend, wie ich das so einsetze. Weil die Stickereien und die handgewebten Stoffe, findet man eigentlich nur in Tischläufern und in Accessoires für den häuslichen Gebrauch (lächelt). Und dann gibt’s nochmal diese Stickereien auf traditionellen Kleidern und Schürzen. Da arbeiten die Frauen aber ein halbes Jahr daran, weil es so vollgepackt ist und die werden nur zu besonderen Anlässen getragen, wie Hochzeiten oder so etwas.
Petra von Hollightly: Erschrecken die Frauen nicht oder sind erst einmal erstaunt, wenn ihre traditionelle Stickerei und die Stoffe plötzlich ganz anders gezeigt, geschneidert und interpretiert werden?
Isabell: Ich denke, denen ist ganz klar bewusst, dass sehr viel verloren geht und dass die jungen Leute in Rumänien und Moldawien das nicht mehr lernen wollen, weil es so lange dauert und so viel kostet und ich glaube, das Bewusstsein, dass jemand, der Handwerk schätzt und auf diese Werte acht gibt, das bedeutet den Frauen sehr viel. Und wenn ich es anders mache und modern interpretiere, dann ist es auch okay, hauptsache es wird weitergeführt. Und es ist natürlich auch eine finanzielle Unterstützung für die Frauen.
Petra von Hollightly: Ich finde das wunderschön an Deiner Mode, mal vom Style abgesehen, dass sie auch einen sozialen Aspekt hat..
Isabell: Also in Moldawien ist es ganz krass, abgesehen von der Hauptstadt, leben die Menschen drumherum nur von der Landwirtschaft. Die Stickereien ist ein Hobby, ein Zeitvertreib, das restliche Leben ist sehr hart ohne fließendes Wasser, ohne Strom, wenig zu Essen. Und das sie mit etwas, was sie lieben und gerne machen, Geld verdienen können, ist natürlich toll für die Frauen. Sie leben sehr mit mir mit und freuen sich mit mir. Die Tatsache, dass deren Geschichten, die sie mit der Tradition verbinden, mit dem Handwerk, das erzählt die Geschichte des Landes, dass das plötzlich in Hongkong verkauft wird oder woanders, das finden die ganz toll.
Petra von Hollightly: Jetzt kommt die klassische Hollightly-Frage: Wie wichtig ist Dir die Nachhaltigkeit bei Deinen Sachen?
Isabell: Ich versuche schon mit Bio zu arbeiten und ich lege auch Wert darauf, dass die Sachen aus Europa kommen und wenn ich einen schönen Stoff finde, der auch noch Bio ist, ist das toll, aber ich bin nicht 100% Sustainable. Es gibt ein paar Aspekte, die mir wichtig sind, wie das traditionelle Handwerk, dass ich in Deutschland produziere und ich verwende keine synthetischen Stoffe.
Petra von Hollightly: Noch bist Du eine von wenigen, aber ich habe das Gefühl, dass es immer mehr werden. Sind öko und nachhaltig die Modetrends der Zukunft, was glaubst Du?
Isabell: Das wächst total! Das fing an mit dem Essen und den ganzen Biosupermärkten und jetzt ist es auf jeden Fall in der Mode angekommen. Da ist Deutschland auf ein Vorreiter in ökologischer Mode und ich glaube, das sind einfach Werte und gewisse Prinzipien, die man beibehalten sollte. Schöne Dinge zu machen, das kann man immer, aber man sollte es auch mit gutem Gewissen tun können.
Petra von Hollightly: Du hast so Recht! Diesen Gedanken, den Du bei Deinen Sachen einfließen lässt, lieben Deine Kundinnen sicher auch an Dir?
Isabell: Doch, das wird schon sehr geschätzt. Wenn ich zum Beispiel sage, an diesem Kragen hat eine Frau vier Tage gearbeitet, dann ist das immer ein positiver Aspekt. Und die meisten lieben die Geschichte dahinter. Dieses Moderne trifft auf Tradition, die Eleganz und die Schnittdetails mit der Geschichte, das schätzen die Kundinnen schon.
Petra von Hollightly: Die freuen sich, genau wie ich, sicher schon auf die nächsten Kollektionen. Kannst Du uns schon erste Ideen verraten, was kommt als nächstes von Dir?
Isabell: Momentan beginne ich in Gedanken schon mit der nächsten Sommerkollektion. Ich werde auch demnächst wieder nach Moldawien fahren und nach Rumänien und mal schauen, welche alten Techniken ich diesmal ausgraben und wiederauflegen kann. Langsam, Step by Step, entsteht dann wieder eine neue Kollektion. (lacht)
Petra von Hollightly: Kannst Du uns nicht irgendein klitzekleines Geheimnis, ein Detail jetzt schon verraten?
Isabell: Mmmmmh, Blau wird auf jeden Fall eine Rolle spielen… (lacht)
Petra von Hollightly: Ich freue mich darauf! Dann hören und lesen wir uns hier hoffentlich wieder, danke Dir Isabell, es war mir ein Vergnügen!