Die Schwarzwälder Kuckucksuhr war lange wahlweise bei Touristen oder Old-School-Spießern en vogue. Seit einigen Jahren erlebt die Kuckucksuhr ein sensationelles Comeback!

Nicht klassisch-traditionell, sondern modern interpretiert von den jungen Wilden der Schwarzwälder Szene. Wie beim großen Player der Schwarzwälder Kunstszene, Stefan Strumbel. Oder zwei Jungs aus Michelbach, die der Kuckucksuhr einen neuen Look verpasst haben und genial-witzige Pappversionen des Klassikers mitten im Schwarzwald herstellen.  Eine Leopardenversion der Kuckucksuhr wurde uns netterweise zur Verfügung gestellt von Pappuhren.de. Sie hat sich wunderbar ins Petra-Heim eingefügt und tickt seitdem entspannt und fleißig vor sich hin.

Die Anfänge des Kuckucks-Revival

Pappe Kuckucksuhr

Aber fangen wir mal ganz von vorne an Er war so was, wie der Anfang der neuen Kuckucksmanie, auf jeden Fall ein PS-Starker Motor für den Hype: Stefan Strumbel! Das Enfant terrible des Black Forrest hat dem Kuckuck vor ein paar Jahren ein neues Image verpasst. Nichts mehr mit heimeliger Gemütlichkeit und altbackenen Holzschnitzereien. Strumbel belebte das angestaubte Heimatgefühl und betrieb ziemlich respektlose Kunst am Kuckuck.

Seine Uhren sind knallbunter radikaler Pop-Art-Style mit Totenkopf statt mit putzigem Kuckuck. Sie sind Pink, Lila oder Neongelb angesprayt! So ein pinkfarbenes Strumbel-Exemplar hängt übrigens seit zwei Jahren im Büro von Modezar Karl Lagerfeld und ich bin unfassbar neidisch! Als bettelarme Studentin hatte ich eine schrille Uhr von Strumbel entdeckt und mich in die modernen Kuckucksuhren sofort und Hals über Kopf verliebt. Damals noch für einen lächerlich kleinen Betrag zu haben (also im Vergleich zu heute), aber ich hatte auch diesen Betrag nicht einfach so parat. Also geseufzt getrauert und beschlossen mir eine zu kaufen, wenn ich mal groß bin.

Karl Lagerfeld und der Kuckuck
Karl Lagerfeld und der Kuckuck

…dann kam Karl! Fotografiert der sich dreist mit einer Strumbeluhr und das wars dann mit dem Holly-Traum von einer Strumbeluhr. Jetzt sind die Kuckucksuhren a la Strumbel mal eben einige zehntausend Euro wert und unerschwinglich geworden. Das Lagerfeld-Foto war nämlich der Durchbruch – hat Stefan Strumbel mir mal in einem Interview erzählt.

Aber ich schweife ab. Stefan Strumbel ist nämlich GOTT SEI DANK nicht der Einzige, der die Kuckucksuhr neu auflegt. Zeitgleich und nicht nachgemacht, darauf bestehen die beiden im Gespräch mit mir! …haben auch zwei Jungunternehmer aus dem Schwarzwälder Dörfchen Michelbach die Traditionsuhren ähnlich wie Stefan Strumbel, aber als Pappuhr, aufpoliert.

Leo-KuckucksuhrStatt aus Holz gehobelt und geschnitzt, wird gedruckt und geklebt bei Merlin Becker und Steffen Bittmann alias Pappuhren.de. Ihr Ding, das sind Kuckucksuhren aus Pappe zu extrem sympathischen Preisen. Unter dem Label stellen die beiden eine Pappuhr in Form von Kuckucksuhren in schweinchenrosa, dunkelrot, zartlila, knallgrün und (mein persönlicher Favorit im Leo-Look) aus Hochglanzpappe her. Natürlich sitzt auch bei dieser Pappuhr ein kleiner Kuckuck hinter dem Fenster. Kuckuck pinkDer lebt wie eine putzige Comicversion des Originals hinter den geöffneten Papptürchen sein papiernes Kuckucksleben in der Pappuhr. Alles eine Nummer kleiner als bei Stefan Strumbel und ohne original Uhrwerk. Aber alles in der Region hergestellt, alles schön aus Recyclingpappe – also auch im Sinne der Nachhaltigkeit! Dafür bekommen die beiden eine 1 mit Sternchen und das Hollightly-Glückssymbol von uns. Und die schöne Botschaft (ich habe mich mit eigenen Augen davon überzeugt) die Pappuhr sieht eher aus wie eine Kuckucksuhr und sie klingt wie eine Kuckucksuhr.Also, auf Wunsch gibt’s noch einen anderen Ton, mit dem sich der Kuckuck stündlich in der Pappuhr zu Wort meldet. „Westminister“!…für alle, denen der Kuckucksklang immer noch ein bisschen zu traditionell ist, erzählt mir Merlin von der Pappuhr mit Kuckuck.

Hollightly Glücksbringer

Der übrigens anfangs, genau wie sein Kumpel, vom Erfolg seiner Pappuhr ziemlich überrascht war. Den Hype um ihre Uhren erklären sich die Beiden mit dieser Mischung aus Tradition und Zeitgeist, den sie offenbar gerade mit den Pappkuckucksuhren treffen.

Tradition trifft Ironie

Pink PappuhrNoch so ein Punkt bei den modernen Kuckucksuhren: Tradition trifft Ironie! Spießertum mit Anti-Spießer-Attitüde! Bei Strumbels schrillen Installationen und bei der Pappuhr aus Michelbach! Die liefern noch ein bisschen Geschichtsunterricht gratis mit. Die Uhrmacher schnitzten traditionell ihre Kuckucksuhren während der harten Schwarzwälder Winter und schleppten sie dann im Sommer auf dem Rücken zu den Märkten. Diese Tradition ist auch in die Pappuhr eingeflossen, erzählt mir der Grafiker Steffen Bittmann. Eine Art Miniatur-Roman, den sich die beiden Freunde ausgedacht haben. Der Uhrenträger erlebt verschiedene Abenteuer, passend zu den verschiedenen Pappuhr-Modellen.

„Er wandert erst durch den Schwarzwald und trifft Nymphen im Wald an so einer Quelle und das ist das Modell „Moosbronn“ oder er hat Abends mal Hunger, hat nichts zu essen, isst Tollkirschen und bekommt dann Halluzinationen und das ist das Modell „Tollkirschen“. Es ist eigentlich die Geschichte von einer Wanderung, so ein Roadmovie, wo er unterwegs ist und dann verschiedene Begegnungen hat.“

Bei den Modellen „Tollkirsche“ oder „Moosbronn“ wird es nicht bleiben. Es soll in Zukunft noch schriller und bunter werden bei den Kuckucksuhren aus Pappe. Der Uhrmacher darf raus aus dem Schwarzwald in die Karibik, aufs Piratenschiff und in asiatische Gefilde. Ich durfte einen ersten Blick auf die Entwürfe werfen und finde sie echt scharf! Exklusiv und vorab, gibt’s hier bei Hollightly die ersten Entwürfe für Euch – ganz unten, am Ende des Interviews! Ab Mai soll es die neuen Modelle dann auch bei der Pappuhr zu kaufen geben.

Das ganze Interview mit Merlin und Steffen von pappuhren.de:

Petra von Hollightly: Kuckucksuhren aus Pappe, wie seid ihr auf die Idee gekommen?

Pappuhren: Angefangen hat alles mit einer iPhone-App, die wir programmiert hatten. Inspiriert durch eine Kuckucksuhr, die bei meinem Kollegen Merlin im Wohnzimmer hängt. Die hat einfach sehr viele Elemente, die für ne App wichtig sind. Schöner Ton dabei, es hat als Uhr ne Funktion, es hat eine kleine Geschichte, es passiert jede halbe Stunde was. Dann haben wir also eine Kuckucksuhr-App programmiert, die dann auch sehr gut lief. Dann gabs einen Auftrag von der Stadt für eine Oldtimer-Ralley als kleines Gimmick und Give-Away und da habe ich sofort gedacht, dass es doch nett wäre, wenn wir die Kuckucksuhr-App in was Richtiges umbauen würden. Ich wollte schon immer diese App umsetzen, in etwas, das man in der Hand halten kann. Dann habe ich meinen Drucker angerufen und wir haben angefangen das zu entwickeln. Das war 2010.

Petra von Hollightly: Ihr fertigt alles in der Region – wie wichtig ist es Euch, dass die Uhr nachhaltig und regional hergestellt wird?

Pappuhren: Wir haben schon als Teenager für die Papierfabrik gearbeitet, die jetzt unsere Uhren macht, da war es klar, dass wir dort auch unsere Uhren fertigen lassen. Und dann sind wir so, wenn es mal läuft, dann lassen wir die Auftraggeber nicht stehen und gehen zum billigsten Hersteller, da sind wir treu. Und die Qualität ist einfach auch viel besser, als wenn wir die Uhren irgendwo in Polen herstellen würden oder so.

Petra von Hollightly: Was meint ihr, warum ist der Hype um Eure Uhren so groß?

Pappuhren: Die Kuckucksuhr, das ist ja ein Retroprodukt. Es ist was, das eigentlich aus einer Zeit kommt, die vorbei ist, aber mit so einem modernen Anstrich. Ich hab manchmal das Gefühl….die Pappe ja so ein vergängliches Medium und gerade dieses Vergängliche, was in den Retroprodukten so diesen Reiz ausmacht finde ich..dass es eigentlich schon vorbei ist, aber man versucht diese Zeit nochmal einzufangen. So ist es ja auch mit den Sonnenbrillen oder mit den Vespas aus der alten Zeit, so ein bisschen dieses Heimatgefühl. Man weiß, dass es vergängliche Dinge sind, aber man will diese Zeit und dieses Gefühl nochmal aufleben lassen. Vielleicht ist es das, was bei anderen Kuckucksuhren gefehlt hat, die aus Plastik sind und deswegen dieses Gefühl der Vergänglichkeit nicht so in sich tragen und das haben wir mit unseren Pappuhren eben geschafft.

Petra von Hollightly: Sind Dinge wie Kuckucksuhren nicht auch ein bisschen spießig oder wollt ihr der Uhr mit Eurer Version diese Spießigkeit austreiben?

Pappuhren: Ich glaube, das ist auch so eine Hassliebe! Also niemand möchte ein Spießer sein, aber trotzdem möchte jeder irgendwo eine Sicherheit in seinem Leben und einen festen Anker und so. Vielleicht ist es auch so, dass man das dann damit auslebt, aber sagt – ochnö, ist ja aus Pappe und total cool und so. Und irgendwie gefällt es einem ja doch, aber es ist ja aus Pappe und so ironisch dargestellt, dass man sagen kann – okay, damit kann ich mich trotzdem noch identifizieren.

Petra von Hollightly: Es gibt noch einen Schwarzwälder, der Kuckucksuhren komplett neu auflegt, Stefan Strumbel. Hat das was mit Euren Uhren und Eurer Kuckucks-Idee zu tun?

Pappuhren: Wir haben uns vorher natürlich umgeschaut, aber den Stefan Strumbel kannte ich vorher gar nicht. Das war wirklich zeitgleich und der Stefan Strumbel, der macht ja richtige Kuckucksuhren und das sind Einzelstücke. Ich kenne seine Arbeiten, die sind grandios! Es ist auch eine andere Art von Objekt, das sind Kunstobjekte. Also wenn es vielleicht irgendwann dazu kommen sollte, dass wir eine Stefan Strumbel Special Edition machen, dass wir da zusammenkommen, bin ich jederzeit offen dafür. Und wenn nicht, dann werden wir unser Ding weitermachen und er macht seins ja sowieso grandios, also ich denke nicht, dass wir uns da in die Quere kommen.

Petra von Hollightly: Kuckucksuhr ist typisch Schwarzwald – wie Heimatverbunden seid ihr?

Pappuhren: Da braucht man sich hier nur mal umschauen. Da draußen läuft meine Oma herum, wir gehen jeden Tag mit ihr Mittagessen. Die Heimat ist für uns hier und wir haben kein Problem damit, das zu zeigen und wir sind auch darauf stolz, dass wir aus dem Schwarzwald kommen, das ist für uns Heimat.

Petra von Hollightly: Welche Rolle spielt der Schwarzwald für Euch und Eure Kuckucksuhren?

Pappuhren: Wir haben uns am Anfang überlegt, was für ein Ambiente wir machen wollten und wir haben immer an den Schwarzwald gedacht. Und dann sind wir nur mal ein bisschen weiter reingefahren in den Schwarzwald, Richtung Murgtal und haben die ganzen Papierfrabriken gesehen und fanden das einfach nur cool. Allein das Ambiente, das der Schwarzwald macht, ein dunkler Wald, ein bisschen mystisch, das fanden wir immer schon cool und das ist auch das Gefühl, das wir mit den Kuckucksuhren transportieren wollen.

Petra von Hollightly: Ihr legt also sehr viel Wert auf die Region und die Geschichten dahinter – jede Kuckucksuhr hat eine eigene kleine Story – was hat es damit auf sich?

Pappuhren: Bei der Uhr Lavendel ist es zum Beispiel: „Hörst Du den Gebirgsbach rauschen, an seinen Ufern duftet es heilsam und beruhigend.“ Das ist vielleicht so ein Kitsch ins übertriebene gesteigert. Da gibt es auch die Abenteuer des Uhrenläufers, zu jeder Uhr ein anderes. Bei der Uhr Lavendel ist er zum Beispiel in Frankreich angekommen und da sieht er das erste mal die Lavendelfelder und die Farben erschlagen ihn dann fast und er ist davon geplättet.

Petra von Hollightly: Das baut auf der Historie auf, dass die Uhrmacher früher die Uhren im langen Winter hergestellt haben und dann im Sommer die Uhren den Berg runter zum Verkauf auf dem Rücken getragen haben…

Pappuhren: Genau, der Uhrmacher baut die Uhren im Winter und geht dann im Frühjahr los und verdingt sich als Uhrenträger und verkauft die Uhren. Und dann ist bei uns die Geschichte dahinter zum Beispiel, er wandert erst durch den Schwarzwald und trifft Nymphen im Wald an so einer Quelle und das ist das Modell „Moosbronn“ oder er hat Abends mal Hunger, hat nichts zu essen, isst Tollkirschen und bekommt dann Halluzinationen und das ist das Modell Tollkirschen. Wildkatze zum Beispiel, da trifft er dann die Wildkartze. Er hört was im Gebüsch rascheln und dann stellen sich schon seine Nackenhaare auf, weil er merkt, das etwas nicht stimmt. Es ist eigentlich die Geschichte von einer Wanderung, so ein Roadmovie, wo er unterwegs ist und dann verschiedene Begegnungen hat.

Petra von Hollightly: Ihr tragt den Schwarzwald und den Uhrenmacher damit in die Welt, oder?

Pappuhren: Das Witzige ist, wir dachten immer: ja, das ist ne Uhr für Kuckucksfreunde und kommt im Schwarzwald vielleicht gut an. Mittlerweile wird die in Sydney gekauft, in Hamburg, in Berlin, die Kuckucksuhr ist ein Trendobjekt geworden. Und das hat dann mit dem Schwarzwald nicht mehr so viel zu tun, aber das Gefühl des Schwarzwaldes, das dunkle und heimelige, dass man sich wenn es kalt wird vor den Kamin setzt, das ist vielleicht das Gefühl, das wir mit der Uhr rüberbringen können.

Petra von Hollightly: Wie geht’s weiter?

Pappuhren: Die werden sich vom klassischen Schwarzwaldmotiv weiterentfernen. Aber sie werden trotzdem noch die klassische Form haben. Also es wird in fernöstlichere Gefilde gehen und wir werden eine karibische Brise in den Schwarzwald holen und maritimer werden und dann werden wir denen, die morgens nicht so leicht aus dem Bett kommen, weiterhelfen, in dem wir hoffentlich bald einen Pappwecker anbieten können.

Petra von Hollightly: Wird’s also noch schriller, moderner und bunter bei Euch und den Kuckucksuhren?

Pappuhren: Der Uhrmacher war jetzt im Schwarzwald ist losgezogen und in die Welt hinaus und so sind auch die Uhren moderner geworden, raus aus dem Schwarzwald, einfach ein bisschen Abenteuer.

Petra von Hollightly: Der Uhrmacher darf auf die Weltreise?Ganz neue Entwürfe

Pappuhren: Na wie unsere Uhren jetzt in die USA verschickt werden, ist er eben auch mitgereist und erlebt dort neue Abenteuer und Geschichten. Wir schicken den jetzt mal auf ne richtige Reise, der soll jetzt mal was erleben!

Petra von Hollightly: Was er alles erleben durfte sehen wir ihm dann ja ab Mai an den neuen Uhren an – einen kleinen Blick vorab habt ihr uns fürs Blog schon gewährt.

Danke Dafür und vielen Dank für das Interview! Es war ein echtes Vergnügen!

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