Für alle die Öko wollen, soll es in Zukunft w-w-w-punkt-wegreen-punkt-de, statt w-w-w-punkt-google-punkt-com heißen. Wenn es nach Maurice Stanszus geht, der seine grüne Suchmaschine als Ergebnis einer Uni-Arbeit gegründet hat.
Die Welt ein kleines bisschen besser…
Er will die Welt ein kleines bisschen besser machen, in dem er die Kunden ein kleines bisschen schlauer macht, so dass wir Kunden wiederum die Industrie durch unsere Kaufkraft dazu zwingen, die Produktionsbedingungen zu ändern. Erinnert Euch an die Protestaktion gegen den Online-Riesen Amazon, den viele Kunden nach einem ARD-Bericht über die unhaltbaren Arbeitsbedingungen gewaltig abgestraft hatten. Kunden, die wissen, wie schlecht ein Unternehmen im Sinne der Nachhaltigkeit agiert, werden lieber woanders kaufen, wenn sie die Wahl haben.
Mit gutem Gewissen einkaufen
Klingt gut! Und wird auch endlich Zeit! Ich kenne so viele Menschen, die lieber mit gutem Gewissen einkaufen wollen, aber gar nicht wissen, wo und wie sie die guten Sachen finden sollen. Ich weiß nicht, ob die Plattform so gut ist, wie sie behauptet, aber ich will es glauben und darauf vertrauen und versuchen in Zukunft über WeGreen zu suchen. Bei einer ersten Suche nach einem Shirt zum Beispiel begegnen mir einige Unternehmen, die als grün und sozial und fair gelten wieder. Das ist ein gutes Zeichen und macht Mut, dass Wegreen wirklich einen besseren Weg gehen möchte. Die Plattform hat schon einige Prominente Unterstützer, die alle wollen, dass die Welt ein kleines bisschen grüner wird.
Das Prinzip ist relativ einfach. Es gibt eine Nachhaltigkeitsampel, die klassisch von rot auf Orange und dann auf Grün schaltet. Alles was Grün ist, erfüllt viele Nachhaltigkeitskriterien, alles was Rot ist, fast keine. Ähnlich wie Google funktioniert die Suchmaschine WeGreen nach Algorithmen, aber die Suchparameter sind nachhaltig durchsortiert. Also im Grunde könnte man sagen, dass die WeGreen bei allen Suchanfragen sich selbst kurz fragt, wie fair, sozial, ökologisch, tierfreundlich oder biologisch die angezeigten Produkte sind. Umso fairer und ökologischer, umso weiter oben landet das Produkt oder die Webseite bei WeGreen. Dabei funktioniert das ganze Ding nach rechnerischen Prinzipien, so dass die Macher nicht persönlich werten, sondern einfach nach bestimmten Kriterien immer gleich bewertet wird. Jetzt gibt es auch noch einen Marktplatz, den man frei übersetzen könnte mit dem Begriff „Öko-Preissuchmaschine“. In der Theorie klingt das ganze grandios, über die Praxis habe ich mich dann noch beim gemütlichen Plausch mit dem Gründer Maurice Stanszus unterhalten.
Der Gründer von WeGreen im Interview mit Petra
Petra von Hollightly: Wie funktioniert Eure Nachhaltigkeitsampel?
Maurice: Die Nachhaltigkeitsampel ist das wichtigste Sortierkriterium von wegreen. Wir haben die Suche zweigeteilt gestaltet, nach dem Produkt selbst und nach dem Hersteller. Es gibt viele Hersteller, die grüne Produkte machen, dann aber in der Lieferkette nicht gut sind oder Zulieferer nicht gut behandeln. Es steckt ein ganzheitlicher Ansatz dahinter. Es gibt aber noch andere Kriterien, wie Textübereinstimmung. Die Suchmaschine gibt immer das aus, was man sucht, auch wenn es etwas Spezifisches und nicht besonders nachhaltiges ist. Dann spuckt es eben das aus! Wie zum Beispiel Porsche 911 oder Guccitasche, wer genau danach sucht, bekommt diese dann auch angezeigt. Aber es gibt auch die Möglichkeit mehr über das gesuchte Produkt zu erfahren, warum es eine entsprechende Note hat…
Petra von Hollightly: Dann ist die WeGreen Ampel knallrot?
Maurice: Ja, dann ist die Ampel rot. Das gesuchte Produkt ist dann nicht nachhaltig aber wäre oben, weil es eine spezifische Suchanfrage ist….
Petra von Hollightly: Woher wisst ihr, dass alle Unternehmen und Suchergebnisse wirklich so grün sind, wie ihr glaubt?
Maurice: Wir haben Partner. Von denen wir die Daten bekommen. Von vielen automatisch, von manchen händisch, von anderen werden sie gecrawlt. Das kratzen wir alles zusammen. Das sind viele Institutionen, die wir zitieren und es werden immer mehr werden, seitens der Herstellerseite. Auf der Produktseite ist das ein bisschen anders aber ähnlich. Wir schauen primär nach Nachhaltigkeitssiegeln, von denen es viele gibt. Vom staatlichen Biosiegel, über Demeter bis zum blauen Engel, die ganzen Energieeffizienzsiegel. Da gibt es Institutionen, die sagen, ob das Siegel gut ist und wie gut es ist. Der deutsche Rat für nachhaltige Entwicklung hat sie geprüft und Richtungsanweisung rausgegeben oder bei der Verbraucherinitiative. Die haben eine Seite „Label-Online“, die die Siegel einschätzen. Z.B. der WWF Panda taucht zwar oft auf Produkten auf, ist aber kein Siegel, das irgendwas aussagt und gilt deswegen nicht als empfehlenswert, weil man es sich quasi durch Spenden erkaufen kann. Es gibt keinen Prüfprozess hinter dem Siegel.
Petra von Hollightly: Um beim Thema Fashion zu bleiben. Nehmen wir zum Beispiel die H&M Conscious Collection?
Maurice: H&M ist gelb auf unserer Nachhaltigkeitsampel, weil sie im Vergleich zu anderen Textilherstellern transparenter sind und mehr machen als viele andere. H&M ist besser als Gucci und Prada und auch besser als Kik. Wenn wir die Conscious Line bei uns im Programm hätten, dann wäre sie oder die Organic line trotzdem nicht so weit oben, weil sie kein Siegel haben. Aber wir prüfen auch noch Produkteigenschaften, wie „Recycelt“ oder aus „Biobaumwolle“ ohne Siegel oder vegan oder gentechnikfrei oder gebraucht, dann sind das Eigenschaften, die leicht positiv auf der Produktseite einschlagen. Deswegen nur leicht, weil die genaue Zertifizierung fehlt und man weiß zum Beispiel nicht, wieviel Prozent Biobaumwolle drin ist.
Petra von Hollightly: Woher wisst ihr, dass das Produkt wirklich grün ist?
Maurice: In der Regel bekommen die kleinen grünen Hersteller, die transparent kommunizieren und 100% darauf achten eine dunkelgrüne Ampel, wie z.B. „Armed Angels“, die sind sehr gut, deshalb werden sie grün eingestuft. Auch wenn sie nicht so präsent sind in den Medien. Wir versuchen das dann zu fördern, in dem wir uns das Gesamtunternehmen anschauen und prüfen wieviel Prozent „Grün“ das ist, dann wirkt sich gutes Arbeiten im grünen Sinn auch auf das Gesamtranking der Produkte aus. Das basiert alles auf Computerberechnungen, weil wir transparent bleiben wollen und eine Bewertungshoheit vermeiden. Wir wollen nicht persönlich bewerten, sondern die Firmen „berechnen“ lassen.
Petra von Hollightly: Jetzt ist zu Eurer Suchmaschine ein wegreen Marktplatz dazugekommen, so eine Art „Dawanda“ für Einkaufswillige?
Maurice: Marktplatz wird gerne missverstanden. Es ist im Grunde so etwas wie eine Preissuchmaschine für Grünheit oder wie die Google-Produktsearch. Da werden Qualitätsbewertungen durchgelesen, aggregiert und mit dem Produkt abgeglichen. Die Idee ist so, dass im Marketplace schlicht nach Produkten gesucht werden kann, nach Jeans, nach Kinderwagen. Sucht und werdet grün finden! Die landen nämlich ganz oben.
Petra von Hollightly: Mal ganz Basic gefragt: Wie definierst Du Nachhaltigkeit? Und wie definiert ihr sie bei wegreen?
Maurice: Das mache ich nicht, weil ich finde, dass genau das ein Problem ist, dass es tausend Definitionen dafür gibt. Frag 100 Leute auf der Strasse, was ist Nachhaltigkeit, dann kommen 100 diffuse Antworten. Alle bleiben an dieser Definition hängen. Was ist damit drin? Welche Definition steckt dahinter? Für mich ist Nachhaltigkeit der Sammelbegriff aus allen Definitionen, die es so gibt und die drin stecken. Greenpeace schaut auf Giftstoffe, Peta schaut auf Tierschutz, eine andere Organisation schaut ob die Auftragsvergabe an Behindertenwergstätten den staatlichen Bestimmungen entspricht, jeder findet, dass etwas anderes reingehört! Das wird alles von den Quellen bei uns erfasst. Wir sagen, wir nehmen alle Quellen mit auf und haben unsere Anforderungen, aber die wichtigste Anforderung ist, dass möglich viel erfüllt ist. Wir schauen, wie umfassend wird das alles abgedeckt und je mehr eine Bewertungsquelle sich anschaut, umso höher ist sie gewichtet. Ich möchte keine neue Definition aufmachen, denn wenn man die ganze Zeit über die Definition diskutiert und sich dabei aufhält, kommt am Ende nichts dabei raus. In der wegreen Ampel soll alles drin sein im Idealfall und wir picken uns das raus, was faktenbasiert ist und bündeln das.
Petra von Hollightly: Was würdet ihr sagen, von einer Skala von 1-10: wo steht Deutschland gerade in Sachen nachhaltigem Konsum?
Maurice: Wir sind weltweit vorne, weil Umweltschutz schon immer eine Rolle gespielt hat. Es ist einer der größten Märkte für Bio und Eco-Fashion. In Europa ist Deutschland am Besten, dann kommen England und Frankreich. Aber: Ist da Mehr besser? I don’t know! Wenn es weniger ist und qualitativ hochwertiger ist das vermutlich nachhaltiger, als schlechte Bioqualität ständig nachzukaufen.
Petra von Hollightly: Nachhaltiges Leben, mehr Bewusstsein – ist das ein Zeitgeist, der sich gerade ausbreitet?
Maurice: Das steigt permanent. Es ist kein Sprunghafter Anstieg. Es ist ein ganz solider linearer Anstieg. Es gibt immer mehr Shops und Unternehmen, die das anbieten. Alle Zahlen steigen. Mehr Leute kaufen grün online, kaufen grüner. Vielleicht ist die Biomöhre im Discounter der Einstieg, dann kommen die Textilien, dann kommen Möbel und Autos. Die anderen Kategorien ziehen nach. Es wird auf jeden Fall mehr. Dann ist die Frage: ist das wirklich gut? Ich würde auf jeden Fall sagen, es ist besser! Es ist ein Schritt in die richtige Richtung
Petra von Hollightly: Was wollt ihr mit Eurem Projekt erreichen?
Maurice: Wir definieren das Ganze als Social Impact Business. Wir wollen so viele Menschen wie möglich informieren über nachhaltige Produktinitiativen. Wir machen ein Projekt mit der Uni Potsdam wo wir messen wollen, wie viele Kaufentscheidungen wir schon beeinflusst haben. Um zu wissen, ob besser informierte Menschen besser einkaufen. Und im zweiten Schritt, was das für einen Einfluss auf die Unternehmen hat. Wir wollen, dass wir nicht daherkommen wie eine NGO, die sagt „Nachhaltigkeit ist wichtig“ sondern wir wollen die Unternehmen anstoßen. Die wollen Zahlen sehen und die wollen wir ihnen liefern, damit sie nachhaltiger werden. Durch die Transparenz, die wir schaffen. Das machen wir schon und jetzt geht es darum das auszuweiten, damit immer mehr Menschen informiert sind und immer deutlichere Kaufentscheidungen treffen und die Unternehmen dazu gezwungen sind Nachhaltiger zu handeln. Der Markt regelt sich dann selbst. Die Politik sollte das eigentlich, wird sie aber nicht machen, sondern der Markt regelt das. Das ist meine Vision, um die Welt nachhaltiger zu bekommen. Dass die Leute nach dem x-ten Lebensmittelskandal einfach lernen und nachhaltiger konsumieren und damit die Industrie zum Wandel zwingen.
Petra von Hollightly: Wie lebst Du selbst?
Maurice: Ich würde mich als ziemlich green bezeichnen. Nicht so hardcore. Ich würde nicht verzichten. Mir ist wichtig, dass die Sachen gut und bezahlbar sind, aber ich glaube in vielen Bereichen ist das möglich. Ich würde nie zu Schlecker gehen, ich kaufe im Biomarkt ein und achte bei meinen Entscheidungen darauf, was langfristig das Cleverste ist. Sachen, die lange halten, die effizient sind. Nutzen statt kaufen! Das ist vielleicht meine persönliche Definition. Ich bin nicht so der Birkenstockjutebeutel Hippie und sehe mehr aus wie ein Hipster. Ich bin ein egoistischer Grüner. Lifestyle ist das wichtigste, das zweite ist dann Gesundheit und Nachhaltigkeit. Das mache ich aus egoistischen Gründen. Weil es länger hält und besser ist und am Ende finde ich es gut, dass es fair ist und sozial ist und ich was Gutes bewege.
Petra von Hollightly: Vielen Dank für den grünen Plausch!