Tasche von Abury
Berbertasche aus Marokko (Foto: Suzana Holtgrave)

Taschen aus Teppich und Leder oder Stiefel nach alter Berbertradition, aber mit sozialem Anspruch – die pure Nachhaltigkeit!

Das nachhaltige Modelabel und Social Business Projekt ABURY stellt Schuhe und Taschen mit Berber – Tradition her!

Hollightly GlücksbringerDas Schönste an der ganzen Geschichte (dafür gibt’s auch den Glücksbringer Button von uns), die Sachen sind fair und nachhaltig hergestellt.

Nachhaltige Täschlein!

Neben den vielen großen Namen und Marken etabliert sich gerade eine kleine, aber feine, nachhaltig orientierte Szene. Gegen die schnellen Trends, für mehr Tradition und Modekultur. Wie das Label Abury, das versucht die uralte Berberkultur  in die moderne Fashionwelt zu retten.

Ich habe mit der Labelgründerin Andrea Kolb gesprochen, die die Berberkultur Marokkos in die moderne Welt verschleppen will. Die Berber waren als Nomaden wochenlang in der kargen Wüste Marokkos unterwegs. Die Berbertasche unter die Djellaba, das traditionelle Berberoutfit, geschoben. Sie hatten darin Brot, Geld, Schnupftabak – alles, was man(n) eben so in der Wüste brauchte.

Bis heute gelten die bestickten Taschen als Traditionsgut, das die Nostalgiker unter den Marokkanern immer noch mit Entzücken erfüllt. Tradition kann sexy sein! Das will Andrea Kolb mit ihrem Label ABURY zeigen und produziert deswegen Taschen aus besticktem Leder oder Stiefel nach alter Berbertradition – ABER mit sozialem Anspruch und modernem Twist. Also nachhaltig! I LOVE IT! Da schwingt am Handgelenk von Frau von Welt nicht nur eine Ledertasche im Oriental-Look, sondern auch ein Hauch von „1001 Nacht“ mit: Jede Tasche erzählt eine Geschichte. Das ist auch ganz wörtlich gemeint, weil in jeder Tasche eine Papierrolle mit einem Berbermärchen steckt. Sie verrät mir ihr Lieblingsmärchen.

Andrea Kolb: „Es gibt ein Märchen, von dem Goldmacher. Weil der König das lernen möchte und es sich zu eigen machen will, wird der Goldmacher durch eine List übertölpelt und erzählt das Geheimnis dem König, ohne zu wissen, dass es der König ist. Und daraufhin schreibt er diese Kunst auf und wirft sie in jeden Briefkasten, so dass alle Menschen, alles zu Gold machen können. Was dazu führt, dass sie innerhalb von zwei Jahren nichts mehr zu Essen haben und alles zu Staub wird. Und das finde ich so ein schönes Sinnbild, weil es ein über 100 Jahre altes Märchen ist und letztendlich schon von genau dem erzählt, wo wir gerade reinlaufen.“

Irgendwie ist das Märchen also Sinnbild für das, was Andrea Kolb erreichen will. Teilen, statt alles für sich zu beanspruchen! Faire Ökonomie statt Wachstumswahn! Nachhaltigkeit statt Konsumwahn. Den Menschen eine Perspektive zu geben und gleichzeitig die Berberkultur zu bewahren!

Die Modelle werden in den Dörfern im Atlasgebirge noch von Hand genäht. Exakt so, wie das auch schon vor hundert Jahren gemacht wurde, erzählt sie, während sie mir gegenüber auf einem ziemlich unspektakulär wirkenden niedrigen Holzhöckerchen sitzt. Wir sitzen uns also zusammengekauert da – sie auf dem Stickhocker, ich auf einem winzigen, aber todschicken Lederpouf, während sie mir von ihrer großen Liebe „Marokko“ erzählt.

2007 war Andrea Kolb das erste Mal in Marrakesch und sofort fasziniert von der Sinnlichkeit und Vielfalt der arabischen Kultur. In Gesprächen mit den Menschen vor Ort stellte sie dann fest, dass viele Facetten der alten Berbertraditionen verloren gehen. Andrea Kolb unterstützt mit ihrer Stiftung Dörfer vor Ort, baut Brunnen oder Ausbildungsstätten für die Näherinnen und vor kurzem sogar eine erste Schule. Hilfe zur Selbsthilfe! Ein Teil des Gewinnes wandert direkt zu den Näherinnen, die eine Ausbildung machen können und anschließend ihr eigenes Geld verdienen. Das ist gar nicht so selbstverständlich in einem männerdominierten Land wie Marokko, wo Frauen oft gar nicht erst die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben. Über ein Jahr musste Andrea Kolb bei den Dorfältesten baggern, bis sie zu den Frauen vorgelassen wurde und ihr Projekt starten konnte. Jetzt gibt es eine Berber-Clutch für den eleganten Abend in der Oper, es gibt Täschlein für jegliches technische Equipment oder ein kleines ledernes Nagelset für die noble Dame von Welt. Die Näherinnen seien stolz auf das, was Andrea Kolb aus ihrer Tradition gemacht hat, antwortet sie auf meine Frage, wie diese traditionsbewussten Menschen damit umgehen, dass sie ihr Kulturgut der „Berberstickerei“ einfach mal so in eine iPad-Tasche umfunktioniert. Schließlich hatte der Berber von früher sicher kein Tablet-PC oder Smartphone, geschweige denn ein Nagelset unter seiner Djellaba dabei. ABURY will beide Welten verbinden. Tradition trifft Moderne – Lifestyle, aber bitte nachhaltig! …und faire Bedingungen als Sahnehäubchen oben drauf. Nachhaltigkeit Pur!

Kann Öko auch sexy?

Ich würde sagen: YESSSS! Und Gott sei Dank immer öfter, genau wie bei ABURY. Im Interview da unten (direkt unter diesem Miniatur-Artikel) erzählt Andrea Kolb von ABURY, wie sie das sieht…

Wie immer alles Liebe, ihr Lieben!

Eure Petra

Interview mit Andrea Kolb, von ABURY:

Petra von Hollightly: Du lebst zum Teil in Marokko – Woher kommt die große Liebe zu diesem Land?

Andrea Kolb: Die Liebe zum Land ist über die Zeit gewachsen. Ich kam 2007 zum ersten Mal nach Marrakesch und war fasziniert von der Sinnlichkeit und der Intensität. Gleichzeitig sind das Land und die Leute aber auch sehr fordernd, sehr direkt- etwas ungewohnt für einen Europäer. Aber über die Arbeit vor Ort durfte ich die Menschen, das Land und ihre wunderbare sinnliche Reichhaltigkeit besser kennen lernen – Gefühle, Farben, Gerüche, aber auch Fähigkeiten, Kultur, Rituale … das alles zusammen hat aus der anfänglichen Leidenschaft quasi eine Liebe werden lassen.

Jana Pallaske
(Foto: Suzana Holtgrave)

Andrea Kolb: Es war immer mein Traum in London zu leben und zu arbeiten – und zwar ohne, dass ich davor jemals in London gewesen war. Und dann stand ich eines Tages mit Sack und Pack dort und fand es wunderbar. Ich habe dort in zwei Agenturen gearbeitet und die Aufgabe in der zweiten – nämlich Implementation Manager des Laureus World Sports Awards – führte dazu, dass ich nach Monaco ziehen musste für ein Jahr, um das Event vorzubereiten. Das war eine Lebens-Erfahrung, die ich nicht missen möchte, aber nach einem Jahr wollte ich aus dieser doch recht unnahbaren Welt wieder weg und bin nach München. Dort habe mich mit Calliope – Inspiring Brand Communication selbständig gemacht, weil ich so viele Ideen im Kopf hatte, die ich frei und nicht in einem Firmenkonstrukt, ausprobieren wollte.

Petra von Hollightly:  Danach hast Du noch das AnaYela, den „Place of Inspiration“, gebaut und gegründet – worum geht es Dir dabei? Inspiration? Ein Netzwerk für die gute Sache?

Andrea Kolb: Der Bau des AnaYela hat mich letztlich überhaupt nach Marrakesch geführt. Und das Arbeiten auf der Baustelle und das Leben vor Ort waren schließlich der Auslöser dafür, dass die Idee zu ABURY entstand und ABURY gegründet wurde.
Die Idee hinter dem AnaYela war, einen Ort zu schaffen, an dem Kreativität stimuliert und Nachdenken möglich wird. Ein Ort für Workshops, aber auch zur persönlichen Inspiration. Das Spiel zwischen pulsierendem buntem Leben und absoluter Ruhe, zwischen Spannung und Entspannung, schafft eine ganz besondere Atmosphäre, die man gar nicht beschreiben kann.

Näherinnen AburyPetra von Hollightly:  Du hast in einem kleinen Dorf in der Nähe von Marrakesch angefangen – wie war der erste Besuch dort? Wie haben die Menschen auf Dich und Deine Idee reagiert?

Andrea Kolb: Die Menschen waren wahnsinnig gastfreundlich, aber mit einer gewissen Distanz. Sie haben sich alles in Ruhe angehört, wir haben zusammen gegessen – die Männer und ich mit den Händen aus einer Tajine. Ich hatte eine Frau von einer lokalen NGO dabei, die mir übersetzte und die die Leute schon kannte – das hat natürlich sehr geholfen. Allerdings hat es sehr viele Besuche und 1 ½ Jahre gedauert, bis wir tatsächlich begonnen haben. Ich habe sehr viel von den Menschen dort in der gemeinsamen Zeit lernen dürfen!

Petra von Hollightly:  Wie wichtig ist Dir das Thema „Nachhaltigkeit“, „schöne Dinge mit Moral“? Etwas zurückgeben an diese Welt und nicht nur „Nehmen“?

Andrea Kolb: Natürlich sind diese Themen wichtig – ich nenne es aber lieber „social and sexy“. Wer will schon „schöne Dinge mit Moral“ – ich denke, wir müssen uns im social und eco Bereich frei machen von zu viel Moral und lieber die positiven Komponenten kommunizieren – einfach mit Lebenslust leben – positiv denken – dann kann man eigentlich schon gar nicht mehr viel anders als ganz „natürlich nachhaltig“ handeln.

Faires Handy BagPetra von Hollightly:  Warum ist Nachhaltigkeit und Faire Mode oder faires Design immer noch so ein kleines Thema in Deutschland, obwohl gerade wir in Deutschland oder Europa es uns leisten könnten Geld für „faire Produkte“ auszugeben?

Andrea Kolb: Der Bereich wächst mit riesigen Schritten. Ich glaube, ein wesentlicher Teil, warum er nicht noch schneller wächst, liegt tatsächlich daran, dass die Unternehmen nicht so viel Werbebudget haben und deswegen einfach nur langsamer bekannt werden. Oft braucht man als Konsument noch „Recherche“ Aufwand , um die Firmen zu finden – das wird sich schnell ändern – und auch die Bereitschaft der Menschen, Geld dafür auszugeben, wird stetig steigen – Qualität statt Quantität muss sich wieder durchsetzen.

Petra von Hollightly:  Aber geht es Dir „nur“ um Marokko oder willst Du den Ansatz in die ganze Welt tragen und irgendwann auch in Kambodscha oder Afrika oder Indien oder oder oder ähnliche Projekte gründen?

Andrea Kolb: Tatsächlich ist die Idee, wenn Marokko mal 100% steht und wir damit quasi einen „Prototypen“ geschaffen und ein Distributionsnetz aufgebaut haben, das Konzept in die Welt zu tragen – wir führen jetzt bereits erste Gespräche.

Petra von Hollightly: Das Projekt geht auch ein Stück weiter, nicht nur Herstellung von Taschen oder Schuhen, auch Brunnen werden gebaut – was umfasst ABURY alles?

Andrea Kolb: Die ABURY Collection produziert Leder-Accessoires, Schuhe, etc. – 50% der Gewinne plus Spenden fliessen in die ABURY Foundation – und diese initiiert und implementiert Bildungs- und Community-Projekte. Dabei haben wir eben eine Nähschule ins Leben gerufen, genauso wie eine Schule, in der Frauen und Kinder lesen und schreiben lernen (in Kooperation mit der Astraia Female Leadership Foundation) und einen Brunnenbau unterstützt – unser Fokus wird aber auf Bildung bleiben. Als nächstes ist z.B. Umweltschutz-Aufklärung geplant –ein Tag Müll sammeln und Aufklärung, was Plastik auf dem Feld bedeutet etc.

ipad casePetra von Hollightly: Was ist Dein Traum – wohin willst Du damit?

Andrea Kolb: Ich würde mich freuen, wenn eines Tages einmal Designer und Kunsthandwerker/Innen aus aller Welt, der ABURY Collection zusammen kommen und sich gegenseitig mit ihrer Kunst befruchten – Frauen und Männer aus Deutschland, Marokko, Peru, Bangladesh, etc.

Petra von Hollightly: Erhältst Du damit auch die Traditionen oder gibst Du ihnen schlicht eine größere Plattform?

Andrea Kolb: Beides – es gibt einige Techniken, denen geben wir eine grössere Plattform, es gibt aber auch Techniken, die würden ohne Unterstützung langfristig aussterben – und damit für uns alle verloren gehen.

Petra von Hollightly: Wie wichtig ist den Frauen und Männer, die für ABURY arbeiten, dass ihre Traditionen möglichst unverändert fortgeführt werden?

Andrea Kolb: Hm – sie finden den Austausch mit den internationalen Designern sehr spannend – und auch die Weiterentwicklung, die darin begründet liegt. Sie sind stolz, dass sie durch die Arbeit mit uns auch ihr Handwerk nochmals ein bisschen verfeinern konnten, ohne die Tradition zu verlassen. Durch die Bestätigung, die sie erhalten, wenn wir ihnen zeigen, dass eine ihrer Taschen in einer Zeitung abgebildet ist oder ein Promi sie trägt, wächst der Glaube in die eigene Kultur und das Selbstbewusstsein – und damit entsteht Aktivität und durch die Aktivität entsteht Bewegung und Entwicklung! Und so entsteht Hilfe zur Selbsthilfe!

iPad Tasche von Abury
(Foto: Suzana Holtgrave)

Andrea Kolb: Lebensfroh, individuell, unkonventionell.

Petra von Hollightly: Zum Schluss, natürlich die Frage: Hast Du auch ein Lieblingsteil?

Andrea Kolb: Ich habe von jeder Kollektion ein Lieblingsteil 😉 – aber was ich IMMER mit mir rumtrage ist mein iPad-Bag und meine Vintagetasche – ohne die fühle ich mich quasi nackt!

Petra von Hollightly: Und das wollen wir ja nicht. Vielen Dank für das nette Gespräch und ich drücke die Daumen für das Projekt!

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