Gerade sind die ersten Fashion Weeks vorbei, schon geistern die Extravaganzen der Designer durch die Feuilletons. Louis Vuitton zum Beispiel lässt 2013 Street Art Künstler an seine Seidentücher ran. Und Modezar Lagerfeld hat sich in diesem Jahr mit einem Mode-Statement in die aktuelle Politische Debatte eingemischt. Genial, genial, genial! Ich liebe Karl dafür!
Art goes Fashion?
Eine enge Beziehung, diese Partnerschaft zwischen Kunst und Couture. Artstyle nennt man das Ganze. Weil jedes Zeitgeist-Phänomen einen Namen braucht, haben sich die Feuilletonisten ein schickes Label ausgedacht für den Flirt von Kunst mit Couture… Also, wenn ein Modehaus wie Louis Vuitton mit Künstlern wie Steven Sprouse arbeitet. Oder mit dem amerikanischen Street-Art-Star Marquis Lewis, alias Retna, Seidentücher mit Graffiti-Appeal auf den Markt wirft, wie in diesem Jahr, sagt der Kenner wohl Artstyle. Wie gut, dass das Kind einen Namen hat!
Karl, der alte Provokateur
Was wäre die Modewelt ohne Karl! Natürlich wurde der alte Zündler auch in diesem Jahr seinem Ruf als Provokateur bei der Paris Fashion Week wieder gerecht. Ganz Frankreich ist gespalten: Homo-Ehe ja oder nein?!?! Was macht der Maestro? Schickt zwei Frauen als Brautpaar über den Laufsteg. Karls Kommentar zu den heftigen Protesten in Frankreich gegen die Homo-Ehe. Auch das ist Artstyle, aber vom Feinsten! Mode als politisches Statement! Da kann Mode auch nachhaltig sein, nämlich in der Botschaft, die sie verbreitet..
„Der, der die Mode zu lesen versteht, der kann darin die Wahrheit einer Gesellschaft wesentlich genauer ablesen als in irgendeinem anderen Medium.“
…hat der berühmte Philosoph Walter Benjamin mal so schön gesagt. Vielleicht flirten Kunst und Couture deshalb auch so heftig miteinander.Gleich und gleich, gesellt sich eben gern.Genau wie Kunst bricht Mode mit gesellschaftlichen Konventionen, spielt mit dem Zeitgeist oder provoziert, um aufzurütteln gegen überholtes Denken.
Einer der ersten, der sich rangewagt hat an diese Liason, ist der belgische Jugendstilkünstler Henry van de Velde! Er entwarf kurz nach 1900 ein Kleid ohne einengendes Korsett, das locker über den weiblichen Körper fiel. Damals Provokation Schließlich war Frau noch das keusche Geschöpf mit Minimal-Taille.
„Die Reformierung der Frauenkleider ist das letzte Feld, das der Kunst noch zu erobern bleibt.“
…sagte van de Velde und unterstützte die künstlerische Eroberung mit seiner Kleid-Interpretation. Christian Dior war ursprünglich Kunsthändler, der Surrealist Salvador Dali entwarf zusammen mit seiner Geliebten Elsa Schiaparelli das legendäre Hummerkleid und für die Pop-Art-Ikone Andy Warhol galt die Grenze zwischen Kunst und Mode sowieso nie.
Seine Campbell-Soup-Hängerchen von 1966 sind fast so bekannt wie die dazugehörigen Kunstwerke mit der Suppendose. Kunst und Couture fanden sich eben schon immer rattenscharf – eine leidenschaftliche Liebesbeziehung.
Nach der Kunst kommt der Kommerz
Die Kommerzialisierung dieser Liebschaft kam erst in den späten 1960ern, als Mode zum Big Business wurde und die Couture-Landschaft mit den internationalen Pret-a-Porter-Linien zum Mainstream-Gut. Das Kalkül: Schicke Menschen mit dickem Geldbeutel wollen nicht nur von schicker Kunst umgeben sein, sondern die Kunst am Körper tragen. Wenn Damien Hirst seine Strass-Totenköpfe nicht nur auf die Leinwand, sondern auf Jeans oder Turnschuhe pappt, verkauft sich das wie blöd.
Punkte überall
Und wenn ein Modelabel mit der japanischen Meisterin der Punkte, Yayoi Kusama, eine ganze Kollektion entwirft, dann wird das zum Happening und das gesamte Feuilleton berichtet begeistert darüber. Schließlich traut sich die schräg-schüchterne Künstlerin nur selten raus aus ihrer gepunkteten Zelle in der Irrenanstalt, die sie vor Jahrzehnten freiwillig zu ihrem Wohnsitz gemacht hat. Künstler sind exzentrisch, sie sind kreativ und dadurch sind sie faszinierende schillernde Persönlichkeiten.Ein bisschen von diesem Funkeln, von diesem Image springt auf die Mode über, die die Künstler kreiert haben. Das adelt den Träger und lässt die Kassen der modischen Großkonzerne klingeln.
Neo Rauch und Mondrian statt Discounter-Style
Wer sich einen Neo Rauch leisten kann, der will sich doch nicht in Stoffe vom Discounter hüllen! Aus dem heißen Flirt, dem visionären Paar, der großen Liebe ist über die Jahre eine lukrative enge Partnerschaft geworden, ein Investitionsgut. Und die Mode beweist seitdem jedes Jahr wieder, dass sie auch Zeitgeist kann. Artstyle eben!
Arty Grüße von mir an Euch und immer schön nachhaltig bleiben,
Eure Petra