Ein Sofa zum kneten, das gleichzeitig Decke und Couch ist. Das Moody Nest ist das Ergebnis einer Diplomarbeit an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. Jetzt soll es bald in diversen Läden Deutschlands stehen.

Moody-Nest-Fatboy-Hanna-Emelie-Ernsting Die junge Designerin Hanna Emelie Ernsting hat Preise abgeräumt, ist von Ausstellung zu Ausstellung gereist mit dem Sofa und soll bald bei der holländischen Firma „Fatboy“ landen – die wollen nicht nur Lampen bauen, sondern noch mehr Möbel für die Massen produzieren. Und haben ihr Auge deswegen auf das Moody Nest geworfen.Fatboy, das sind die mit den Sitzsäcken und mit dieser speziellen „Ich-bin-jung-und-mach-es-mir-gemütlich-Optik“. Das kommt dem Trend zum Cocooning entgegen. Immer mehr Menschen haben diese schneller-höher-weiter-billiger-Mentalität satt. Karriere ist nicht mehr so wichtig, wie Zeit für das Leben und die Liebsten zu haben. Ich finde, wenn das wirklich so stimmt, dass das ein schöner gesellschaftlicher Wandel wäre. Statt Gewinnmaximierung und Leben auf Kosten anderer, mehr Zeit und mehr Fairness allen Menschen gegenüber. Sind wir mal ehrlich, dann ist es doch so, dass wir in der westlichen Welt momentan auf Kosten der Billiglohnländern und der dritten Welt leben. Das kann doch nicht für immer so weiter gehen! Und vor allem: Für was? Die Finanzwelt ist auf eine permanente Steigerung ausgerichtet, muss das sein? Wenn wir doch auch so wirtschaften könnten, dass alle einfach und gut leben können? Brauchen wir ständig etwas neues und muss das T-Shirt wirklich a la Primark für 5 Euro zu kaufen sein oder könnten wir nicht alle ein kleines bisschen mehr bezahlen, damit die Menschen in der dritten Welt fairere Löhne bekommen? Aber… ich bin abgeschweift! Was ich eigentlich sagen wollte…scheinbar fangen immer mehr Menschen an umzudenken und auf Nachhaltigkeit, mehr Lebenszeit und mehr Familie und Heimat zu setzen. Deswegen sind Entwürfe (um jetzt endlich wirklich die Kurve zu kriegen) wie der von Hanna auch so gefragt. Sie sind ein Symbol für die Sehnsucht nach zu Hause, einkuscheln und Rückzug.

Klar ist die holländische Firma auf das „Moody Nest“ von Hanna Ernsting aufmerksam geworden. Das Sofa sieht auf den ersten Blick aus wie ein riesiger weicher Stoffhaufen. Unter dem Stoffberg in 1,70m Breite stecken ein Holzgerüst und Schaumstoffplatten. Das Ganze wirkt wie ein überdimensionales kuscheliges Nest aus Strick. Stoff kann eben mehr sein, als nur Polsterdeko und Schutzhülle. Decke und Kissen sind überflüssig bei dem Konzept „Moody“. Die Couch erfüllt einen anderen Zweck als früher. Weg vom Ort des Kaffeekränzchens mit Torte und Filterkaffee – zum Wellnesstempel für gestresste Berufstätige. Deswegen hat sich Fatboy vermutlich auch den Preisgekrönten Hochschul-Diplomarbeits-Entwurf von Hanna geschnappt. Einziges Problem (Hat mir Hanna bei einem kleinen Tratsch erzählt) ist jetzt das Hochschul-Ideal-Projekt in die Produktionsphase zu wuppen. Der Stoff, den sie sich für ihre Diplomarbeit mühsam zusammengebastelt hat ist edel, kuschelig – aber: empfindlich und teuer in der Produktion. Das passt nicht zu Fatboy, die vor allem für den kleineren Geldbeutel hipper Berufsanfänger produzieren. Das Kunstwerk aus dem Hochschullabor erhalten, aber alltagstauglich machen. Das muss Hanna in den kommenden Monaten schaffen, damit das „Moody-Nest“ tatsächlich in unseren Wohnzimmern landen kann.

Wir drücken die Daumen und ich sage wie immer, alles Liebe,

Eure Petra

Und hier noch ein klitzekleines Interview mit der Designerin höchstselbst (auf der Ambiente im Gespräch herausgefunden)

Petra von Hollightly: Was wünscht Du Dir, was willst Du mit dem Sofa bei seinen Benutzern erreichen?

Hanna: „Also, ich finde es toll, wenn es bei Leuten was auslöst… wenn sie entspannen und sich zu Hause fühlen. Ich weiß gar nicht so genau, aber doch (lächelt) es soll wahrscheinlich aussagen, leg Dich rein, deck Dich zu und fühl Dich wohl oder so…

(Anmerkung der hollightly-Redaktion: die Äuglein leuchten dabei und man merkt, dass sie das Möbel liebt, an den Nest aus Strick hängt viel Designerinnenherzblut)

Petra von Hollightly: Zu Hause, so ein bisschen Cocooning – wie man im Wohnzeitschrift-Jargon gerade so gerne sagt – wird das immer wichtiger, was meinst Du?

Hanna: Gerade wenn man sonst ständig erreichbar sein muss, man schleppt das Handy mit sich herum, man hat immer diese Präsentationsmimik drauf. Dann ist es besonders wichtig, dass man Momente hat, an denen man besonders entspannen kann. Auch auf seiner eigenen Couch mit der Tagesdecke. Das was ich gemacht habe mit der Couch ist, dass ich das für mich so, dass interpretiert und umgesetzt habe. Und hoffentlich tut das dann auch demnächst jeder auf meiner Couch – das wünsche ich mir! (lacht)

Petra von Hollightly: So eine Art Gegenpol zum schnell-getakteten Alltag?

Hanna: Zu Hause ist ein intimerer Ort geworden. Also wenn man ein Geschäftsessen hat oder so, dann findet das außerhalb der Wohnung statt. Nach Hause lädt man eigentlich nur Freunde ein, denen man sich auch im Jogginganzug oder im Schlafanzug präsentieren würde. Dann sitzt man auch lässiger auf der Couch, nicht in aufrechter Pose. Ein bisschen merkt man das ja auch bei allen Sofas eigentlich, dass die immer tiefer werden…ein bisschen vielleicht wie ein Schlafanzug, der soll auch ein bisschen luftiger sein. Also anders als zum Beispiel ein Anzug, der steif sitzt. Aber, ja, wenn der Stoff locker ist, dann strahlt er eben auch so eine Lockerheit aus und es ist natürlich auch praktisch weil man sich drin einmümmeln kann.

Petra von Hollightly: Zeitgeist erkennen und dann blitzschnell reagieren. Jenseits aller klassischen Regeln – das ist Design für Dich?

Hanna: Das bedeutet vor allem aufmerksam sein, wie sich Menschen Dingen gegenüber verhalten und da immer zu interpretieren. Wenn ich mich dazu entschlossen habe: ich will etwas Neues machen. Dann lege ich so einen Schalter um und dann wird alles was ich sehe irgendwie umgewandelt und ich spiele damit im Kopf. Ich halte nichts davon Regeln aufzustellen. Ich finde, gerade das ist wichtig, dass man sie nicht hat als Designer. Das man immer flexibel ist – muss dann Ideen in die man sich verliebt hat, neu denken und abwerfen können.

Petra von Hollightly: Musstest Du beim Moody Nest auch neu denken für die Fatboy-Produktion? Also Die künstlerische Design-Idee, entwickelt im Ideal-Raum der Hochschule, trifft auf die Realität des Alltags?

Hanna: Zum Beispiel der Stoff, an dem tüfteln wir gerade. Eben gerade das Sauberhalten ist natürlich ein Aspekt, der nicht so viel zählt, wenn man gerade daran Diplom macht. Da geht’s nur darum: Tataaa, es soll aussehen und spektakulär sein. Aber wenn ich jetzt überlegen müsste, ob ich die Couch kaufe, dann ist das für mich  auch ein wichtiger Aspekt, kann ich das jetzt waschen, kann ich das abnehmen..das ist eigentlich auch spannend, weil für mich hört dann ja das Design noch nicht auf. Gerade auch mit den Details, was für ein Stoff das letztendlich wird, wie viel darf ich von dem Stoff  wegnehmen, dass es trotzdem noch mein Design ist. Jetzt muss ich genau gucken, dass ich da zwischen den ganzen Möglichkeiten den besten Weg finde.

Petra von Hollightly: Ich drück Dir die Daumen, ist ein heißes Teil, das mir auf den ersten Blick gefallen hat – das Moody Nest!

Hanna: Danke Dir, ich bin auch schon ganz gespannt und aufgeregt (lächelt)

2 Meinungen zu “Cocooning mit Kuschelfaktor – Moody Nest für Fatboy

  1. Glitzersonne sagt:

    Ich spreche Ihnen hiermit ein großes Kompliment aus, für Ihre wunderbaren Beiträge.

    Die mit viel Liebe zum Detail geschriebenen Seiten lassen Ihren guten Geschmack für die schönen Dinge des Lebens erahnen.

    Es macht einfach Spaß, Ihre Entdeckungen im Design – Bereich anzusehen, sowie Ihre Ausführungen über aktuelle Themen zu lesen.

    Ich freue mich schon sehr auf viele weitere Beiträge.

    Viele Grüße

    -Glitzersonne-

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