George Orwell lässt grüßen… Was im Roman „1984“ noch als unvorstellbares Horror-Szenario und Fiktion heraufbeschworen wird, ist mit der Social Community Facebook schon lange Wirklichkeit geworden. Ein nächster Schritt in die schöne neue Welt… Intimsphäre? Gott, bewahre! Datenschutz? Wer braucht das schon! Das Recht auf Vergessen? Bullshit, in einer digitalen Datenwelt!
So ähnlich, stelle ich mir vor, reagiert der selbsternannte Datengott der digitalen Welt, Mark Zuckerberg, auf dezent-kritische Fragen zu seiner eigenen kleinen schönen neuen Welt „Facebook“. Da ist er der Herrscher, da hat er die Macht und wer Teil dieser Welt sein will – gibt sein Recht auf die eigenen Daten an der Facebook-Haustüre ab. Während Mark Zuckerberg dabei noch reicher und reicher und reicher wird und unser Recht auf unsere Daten kleiner und kleiner und kleiner wird.
Die Community steht absolut zu Recht immer wieder in der Kritik! Datenschützer laufen Amok, Eu-Kommissarinnen fordern ein „Recht auf Vergessen“, irische Behörden fordern Facebook sogar dazu auf an den Datenrichtlinien zu schrauben. Und Facebook? Lacht sich ins Fäustchen, sammelt fleißig all die Daten, die wir den Machern freiwillig und ohne nachzudenken in den gierigen Rachen werfen und verdient einen Haufen Kohle damit. Mit den Freunden, die wir haben. Mit den Gedanken, die wir teilen. Mit den Fotos, die wir hochladen. Mit den Nachrichten, die wir schreiben. Mit den Angaben, die wir zu unserem Wohnort hochladen. Jedes Mal, mit jedem Klick, klingelt die Facebook-Kasse und wir rennen doof wie die Schäfchen dem so freundlich lächelnden Schäfer hinterher – ohne zu merken, dass sich unter der Schäferkutte eigentlich der große böse Wolf verbirgt.
Jetzt hat sich Facebook einen neuen Coup ausgedacht – Schönfärberei vom Feinsten! Das, was die Community fast schon am Besten kann: Ihre Benutzer verarschen, um noch mehr Geld zu machen. Sie tun so als ob sie „Demokratisch“ wären. Eine digitale Volksabstimmung (Direktlink) ist von Facebook anberaumt worden. Die virtuelle Gemeinde soll partizipieren und abstimmen über die Datenschutzbestimmungen. Facebook hat eine neue Datenschutz-Auflage auf den Facebook-Markt geworfen, die sich minimal (Änderungen sind vielleicht und nur mit der Lupe erkennbar) von den alten Bestimmungen unterscheidet. Wenn man realistisch ist, dann kann man den Machern unterstellen, dass sie in dem neuen Vorschlag einfach nur etwas deutlicher beschreiben, was sie ohnehin schon lange mit unseren Daten tun – für Werbezwecke speichern, durchrechnen und missbrauchen. Fast noch dreister ist nur noch die Tatsache, dass die User lediglich die Wahl haben zwischen der alten Richtlinie, die an sich schon eine Frechheit ist und einem neuen Vorschlag, der eine noch größere Frechheit ist! Aber das ist ja nur die Spitze dieses unverschämten Eisberges und wahrscheinlich ohnehin vollkommen wurstegal! Denn Facebook will die Abstimmung sowieso nur anerkennen, wenn rund 30 Prozent der großen Gemeinde überhaupt abstimmen. 30 Prozent von 900 Millionen Usern weltweit, ergibt eine fast schon unrealistische Zahl. Dazu kommt, dass Facebook die Abstimmung überhaupt nicht promoted und im hintersten Eckchen seiner Webseite versteckt. Wenn man die Richtlinie dann endlich gefunden hat, muss man fassungslos mit dem Kopf schütteln, sich an die Stirn fassen und glauben, dass Facebook sämtliche Mitglieder für mehr als bescheuert hält. Die Doppelmoral schreit aus jeder Zeile des Datenschutzmanifestes.
In der einen Zeile wird aufgezählt, was Facebook alles verwertet, speichert und zum eigenen Zweck verwurstet – in einem Wort: ALLES – in der nächsten Zeile heißt es, dass man ihnen vertrauen könne, denn man könne ja immer schön selbst entscheiden, was mit den Daten passiere – es sei denn, ja es sei denn, sie hätten in ihren Datenschutzbestimmungen etwas anderes geschrieben – was sie exakt drei Zeilen vorher schließlich getan haben. Kurz und frei übersetzt: Wir nutzen alle Deine Daten und egal was wir Dir sagen – die Ausbeutung gilt, du Depp!
Die Abstimmung läuft noch bis zum 8. Juni und die Chance, dass sich genug User an die digitale Wahlurne begeben ist denkbar gering. Man postet lieber, was das Zeug hält, hat vielleicht ein mulmiges Gefühl, vergisst aber beim Lesen des nächsten Posts darüber nachzudenken.
Der Facebook-Wolf im Schafspelz ruft seine Schäfchen…und die blöken einmal kurz. Das eine oder andere riecht vielleicht den Wolf unter der Kutte – aber die meisten fressen weiter auf der Datenblümchenwiese und teilen alle ihre Gedanken, ihre Freunde, ihre Meinungen und ihre Privatsphäre kostenlos mit der Datenkrake. Wir haben es ja eigentlich in unserer Hand. Wie hat schon Albert Einstein so treffend bemerkt: „Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muß man vor allem ein Schaf sein.“
Auch andere haben darüber getratscht: Richard Gutjahr, Netzpolitik, Futurebiz.
Passt auf Euch auf, auch im Netz!